Aus dem Vollen – eher selten
Ganz ehrlich: Echte, nagelneue Außengewinde schneidet man in der Werkstatt wirklich selten. Das liegt vor allem daran, dass es Schrauben, Bolzen und Gewindestangen zu kaufen gibt. Und die sind als Normteile so verflucht billig, dass es nur selten lohnt oder nutzt, sich irgendwas aus dem Vollen zu schneiden.
Viel häufiger kommt aber die Reparatur von Außengewinden vor. In aller Regel sind das malträtierte und ausgeleierte Gewindeanfänge.
Trotzdem kann es nicht schaden, darüber Bescheid zu wissen – und wer die Anschaffung einer Drehbank plant, muss eh irgendwann mal ein Außengewinde schneiden.
Schneideisen
Warum das Werkzeug zum Schneiden von Außengewinden „Schneideisen“ heißt, steht auf dem verwitterten Grabstein des unbekannten Schlossers. In jedem Fall ist es eine Art Mutter aus Werkzeugstahl, die in den „Schneideisenhalter“ gespannt wird. Das Ding wird dann mit Muskelschmalz auf einen passenden Rundstahl gedreht, bis die Gewindegänge fertig sind.
Und wie schon auf den Innengewindebohrern sind auf Schneideisen Außendurchmesser und Steigung des Gewindes vermerkt. Ist man sich also nicht 100%ig sicher, ob das fertige Gewinde dann auch zur Mutter passt, sollte man das Schneideisen als Gewindelehre für die Schraube nehmen und kurz anprobieren.
Um den Kerndurchmesser muss man sich bei Außengewinde glücklicherweise nicht kümmern: hier dreht es sich um ein- und denselben Außendurchmesser und der ist im Fall M10x1,5 genau derselbe wie bei M10x0,25 und beträgt 10 Millimeter.
Wie praktisch: Die Normreihen von Rundmaterial passen haargenau zur Normreihe metrischer Gewinde!
Damit sich Schneideisen und später auch die Muttern leichter ansetzen lassen, muss das Werkstück für ein Außengewinde sauber angefast werden. Diese Fase ist bemisst sich natürlich nach der Steigung des Gewindes – die dicken Zähne des groben Regelgewindes benötigen eine größere Fase als die filigranen Beißer des Feingewindes.
Und muss das Bauteil später nicht durch die unerbittliche Qualitätskontrolle indischer Flugzeugingenieure, so tut es ein schlichter Streich am werkstatteigenen Schruppstein, um den Bolzen hinreichend anzufasen.
Die Fabrikation des Außengewindes geht dann genauso vor sich wie die eines Innengewindes: ein Tropfen Walfischtran, froher Mut und russische Urkraft am Schneideisenhalter. Wie auch beim Innengewinde sollte auf zwei Umdrehungen vorwärts eine kontemplative Rückdrehung erfolgen, um den Span zu brechen und damit die Oberfläche zu verbessern.
Schneideisen
Muss noch erwähnt werden, dass man von gutem Werkzeug nie zuviel haben kann? Da machen Schneideisen und ihre Halter natürlich keine Ausnahme.
Ein kompletter Satz wie hier im Bild kommt aus China für ein paar müde Taler über die Türschwelle und taugt durchaus für alles, was nicht härter als 8.8 ist. Für besseres Material braucht es die echte, gute Qualitätsware – und die kostet schlicht das 10fache des Chinawerkzeugs.
Wer deswegen zähe Werkstoffe oder Edelstahl verarbeitet, muss tief in die Tasche greifen.
Neben den hier abgebildeten Schneideisenhaltern existieren auch Exemplare für vesenkt liegende Bolzen – diese Halter sehen dann ungefähr aus wie eine Zündkerzennuss, sind jedoch ebenfalls eminent teuer.
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Schneidkluppe
Klempner und Installatöre, die Stahlrohre für Gas, Öl und Heizung verlegen, haben auch mit Gewinde und Gewindeschneiden zu tun. Allerdings hantieren die Götter des Warmwassers wieder mit zölligem Kram herum: Rohrgewinde waren und sind in englischer Hand und hören auf den Namen Withworth.
Weil es sich bei des Klempners Röhricht außerdem teils um gewaltige Durchmesser in rauer Umgebung handelt, werden Gewinde mit Schneidkluppen geschnitten. Das sind hand- oder motorgetriebene Vorrichtungen, in denen bewegliche Schneidbacken stecken – zöllig, versteht sich.