Last Exit Gewindeeinsatz
In den goldenen 50er Jahren bekamen diese unscheinbaren Kleinteile auch den Namen „Gewindebüchse“ oder „ENSAT-Büchse“ umgehängt.
Das ist wie mit dem Tempo-Taschentuch und dem schönen Wort „googeln“: wer was erfindet, darf es auch benennen. Mit der ENSAT-Büchse war das genau so.
Streng genommen geht es hier um die selbstschneidenden Varianten. Die werden auch von anderen Firmen hergestellt und vertrieben – eine Auflistung folgt am Ende des Artikels.
Das Prinzip aller Gewindeeinsätze ist dabei überaus simpel und geht von dem Fall aus, dass eine harte Schraube in etwas weiches reingedreht werden soll. Beim geliebten KFZ findet sich diese Kombination üblicherweise irgendwo im Motorraum. Weil Zylinderköpfe, Lichtmaschinengehäuse und auch Motorblöcke fast immer aus Leichtmetall bestehen, liegen kaputte Gewindegänge und zerrüttete Schraubverbindung manchmal buchstäblich auf der Hand.
Als Vorteil bringen Aluminium, Magnesium und ihre Legierungen nämlich nicht nur wenig auf die Waage, sondern lassen sich auch noch erfreulich leicht bearbeiten. Da lacht der Konstrukteur und kann seinem Abteilungsleiter Meldung machen: 10 Gramm Ansaugkrümmer gespart! Der Nachteil folgt auf dem Fuß und in Form einer vorprogrammierten Schwachstelle; im Fall einer lösbaren Verbindung sind das in aller Regel Schraube und Gewinde..
Pressspan, ausgebüchst
Die ganze Gewinde-Eindreherei ist ein weites Feld. Und dass man mit den hier beschriebenen Einsätzen auch Gewinde reparieren kann, ist eigentlich ein Abfallprodukt. Das Haupteinsatzgebiet liegt bei neuen und vor allem großserienmäßig herstellten Bauteilen: genau hingesehen, finden sich mit Gewindeeinsätzen verstärkte Gewinde in Staubsaugergehäusen, Mixern oder IKEA-Regalen.
Da sehen die Büchsen teilweise anders aus, erfüllen aber immer den selben Zweck und bilden das tragfähige Fleisch für eine Schraube.
Oft bringen die Einsätze auch jene Verschleißfestigkeit, wenn ein Gewinde häufiger auf- und zugedreht werden muss. Zu guter Letzt, und das ist der Kern, lassen sich malade Gewinde damit verstärken und reparieren. Sorgfältig ausgeführt, ist ein solcherart ausgeführtes Gewinde dann besser als vorher.
Bohrung und Schlitz
Die ENSAT-Büchse schneidet sich ihren Weg und Sitz selbst. Dazu verfügt sie über einen Anschnitt und einen Schneidschlitz.
Der hat scharfe Kanten und beißt sich damit in das weiche Grundmaterial. Sonderformen der Gewindebüchse haben statt Schlitz eine Querbohrung. Oder statt Schlitz und Querbohrung drei Längsnuten für Schneide und Span – ähnlich einem simplen Gewindebohrer.
Soll so eine ENSAT-Büchse einem Gehäuse aus Presspappe oder fluffigem Schaum Festigkeit und Gewinde verleihen, kommen Einsätze ans Ruder, die erst bei näherem Hinsehen von einer Spiralnudel zu unterscheiden sind:
Diese Dinger haben eine große Außensteigung und sind für Schaumwerkstoffe gemacht. Für die normalen Anwendungen am Auto beschreiben wir hier die Karo-einfach-Variante mit Schlitz.
Gewindegrößen und -durchmesser
Zuvörderst unterscheiden sich die Gewindebüchsen natürlich in ihrem Innendurchmesser. Der beginnt bei M 2,4 und geht vermutlich bis unendlich, weil Muttern und Schrauben auch auf Bohrinseln oder am Braunkohlenbagger zum Einsatz kommen.
Und so wie der Innendurchmesser nicht bei M16 aufhört, beschränken sich die Einsätze nicht nur auf metrisches Maß. Das neue Gewinde kann auch alle Abarten und Sonderformen von Rohrgewinde, zölligem Maß und Bewegungsgewinde beinhalten. Gegenüber Drahtgewindeeinsätzen sind Ensat und Co. aber höher belastbar und widerstehen größeren Auszugskräften.
Da, wo werksseitig eigentlich ein M5 im Leichtmetall hockt, kann deshalb nach einer Gewindebuchsen-Kur unter Umständen auch ein M4-Gewinde denselben Dienst tun – einige Einsätze mit demselben Innengewinde sind deshalb für zwei unterschiedliche Außendurchmesser erhältlich.
Vorbohren auf Maß
Der Einbau der rettenden Buchse ist denkbar einfach. Steht wie im Falle unseres Chryslerschen Zylinderkopfs am Anfang der Reparatur ein kaputtes Gewinde, wird das zuerst nach allen Regeln der Kunst ausgebohrt.
Wie auch beim Größerschneiden des Gewindes offenbart sich hier der einzige Nachteil der Gewindeeinsätze: ihr Durchmesser ist größer als das der ursprünglichen Bohrung. Obwohl es auch extradünne Exemplare gibt, schlucken die kleinen Schraublinge deswegen mehr Platz als ein Drahtgewindeeinsatz á la Helicoil.
Hat man den passenden Einsatz aus dem Kasten gefummelt, empfiehlt der Hersteller beispielsweise für eine Büchse von M6 das Aufbohren auf 8,8 bis 9,4 Millimeter. Selbst im kleinsten Fall opfert man bei einer solchen Reparatur also viel Fleisch und muss darauf achten, keinen Kühlwasserkanal oder eine Ölbohrung anzupieken.
Dass die Werte um 0,6 Millimeter voneinander abweichen und nur eine Näherung anbieten, liegt daran, dass sich Holz, Gummi und Grauguss unterschiedlich verhalten. Das ist wie mit einer Spax-Schraube: die lässt sich in einen morschen Fichtenbalken leichter eindrehen als in historische Eiche, in der die Dinger sogar nach dem Vorbohren abbrechen.
Um den richtigen Durchmesser zu treffen, empfiehlt deshalb sogar der Hersteller einen Versuch in identischem Material. Und im Zweifel orientiert man sich bei hartem Material an der größten Bohrung und bei weichem an der kleinsten. Wie auch beim Gewindeschneiden hilft Schmieren und Salben natürlich auch. Und Für Bohrungen in besserem Stahl muss das Gewinde vorgeschnitten werden – allerdings nicht mit dem Fertigschneider, sondern nur mit dem Vorschneider.
Damit alle Motor-Innereien auch nach dem Aufbohren noch aseptisch sauber und spanfrei sind, muss die Bohrstelle fein säuberlich abgedeckt werden und darf nicht wie im Fall dieses Zylinderkopfs offen liegen. Den Bohrer mit Fett einzuschmieren und schön langsam aufzubohren, hilft ebenfalls, hässliche Späne fern zu halten.
Eindrehwerkzeug
Der Einbau der rettenden Buchse ist denkbar einfach. Steht wie im Falle unseres Chryslerschen Zylinderkopfs am Anfang der Reparatur ein kaputtes Gewinde, wird das zuerst nach allen Regeln der Kunst ausgebohrt.
Wie auch beim Größerschneiden des Gewindes offenbart sich hier der einzige Nachteil der Gewindeeinsätze: ihr Durchmesser ist größer als das der ursprünglichen Bohrung. Obwohl es auch extradünne Exemplare gibt, schlucken die kleinen Schraublinge deswegen mehr Platz als ein Drahtgewindeeinsatz á la Helicoil.
Hat man den passenden Einsatz aus dem Kasten gefummelt, empfiehlt der Hersteller beispielsweise für eine Büchse von M6 das Aufbohren auf 8,8 bis 9,4 Millimeter. Selbst im kleinsten Fall opfert man bei einer solchen Reparatur also viel Fleisch und muss darauf achten, keinen Kühlwasserkanal oder eine Ölbohrung anzupieken.
Dass die Werte um 0,6 Millimeter voneinander abweichen und nur eine Näherung anbieten, liegt daran, dass sich Holz, Gummi und Grauguss unterschiedlich verhalten. Das ist wie mit einer Spax-Schraube: die lässt sich in einen morschen Fichtenbalken leichter eindrehen als in historische Eiche, in der die Dinger sogar nach dem Vorbohren abbrechen.
Um den richtigen Durchmesser zu treffen, empfiehlt deshalb sogar der Hersteller einen Versuch in identischem Material. Und im Zweifel orientiert man sich bei hartem Material an der größten Bohrung und bei weichem an der kleinsten. Wie auch beim Gewindeschneiden hilft Schmieren und Salben natürlich auch. Und Für Bohrungen in besserem Stahl muss das Gewinde vorgeschnitten werden – allerdings nicht mit dem Fertigschneider, sondern nur mit dem Vorschneider.
Damit alle Motor-Innereien auch nach dem Aufbohren noch aseptisch sauber und spanfrei sind, muss die Bohrstelle fein säuberlich abgedeckt werden und darf nicht wie im Fall dieses Zylinderkopfs offen liegen. Den Bohrer mit Fett einzuschmieren und schön langsam aufzubohren, hilft ebenfalls, hässliche Späne fern zu halten.
Buchse eindrehen
Dank Anschnitt lassen sich die Gewindebuchsen wie ein simpler Gewindebohrer in die Bohrung schrauben. Das sollte nicht sonderlich schwer gehen. Wenn doch, ist das Loch zu eng oder würde einen Tropfen Schneidöl vertragen.
Wenn das Eindrehen jedoch richtig und deutlich schwer geht und der Durchmesser der Bohrung stimmt, hat sich der Gewindeeinsatz vermutlich solide verkantet. Das ist wie mit Gewindebohrern, die sich bei entsprechender Steifigkeit ihren eigenen Weg ins Volle suchen. Im Gegensatz zum Gewindebohrer bricht aber die Gewindebuchse nicht ab, sondern bleibt einfach irgendwann stecken.
Dieses Querlaufen der Hülse ist ein kapitaler Stolperstein: hat man die Büchse schon zu drei vierteln in die Bohrung geprügelt, bietet sie kaum noch Angriffsfläche für einen geordneten Rückzug.
Gelingt das Herausoperieren, hat man Glück, aber ein zermetzgertes Gewinde – nur eine Nummer größer. Auch bei vermeintlich bestem Augenmaß ist eine Kontrolle mit dem Taschenwinkel deshalb immer angesagt. Und je härter das Material, desto penibler und öfter.
Ihre Vorteile kann die Büchse des Vertrauens da ausspielen, wo man normalerweise überhaupt kein Gewinde reinbekäme: in Holz, Gummi oder irgendwelchen Pressstoffe. Hier ist ebenfalls eine Probebohrung angesagt, damit die Hülse stramm sitzt, aber das Material nicht zerreißt.
Solcherart mit Gewinde versehen, eröffnen sich völlig neue konstruktive Möglichkeiten, weil sich Sachen verschrauben lassen, die sich Schweißen oder Kleben sonst erfolgreich widersetzen.
Letzte Aktualisierung am 3.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Hersteller und Preis
Wenn die Wunderbüchse aber sitzt und bis knapp unter die die Werkstückoberfläche eingedreht ist, taugt das reparierte Bauteil mehr als vorher.
Im Fall des maladen Ventildeckel-Gewindes lässt sich dieser Deckel jetzt wenigstens 1.000 mal montieren und demontieren, ohne dass das Gewinde ausreißt.
Nimmt man ein Inspektionsintervall von 100.000 Kilometern für die Nockenwellenkontrolle an, so reicht der überholte Deckel jetzt für wenigstens 100 Millionen Kilometer – das ist nicht weniger als 260,145 mal zum Mond und sollte fürs erste genügen.
Dass die halbe Redaktion von Autoschrauber.de nicht bereits als Gewindereparatur-Millionäre am Palmenstrand von Tahiti liegt, hat einen ganz simplen Grund: Jede einzelne Gewindebüchse wird von hochbezahlten norwegischen Fachkräften von Hand in langen Polarnächten zurechtgefeilt und ist deshalb teurer als pulverisierter Salamanderhoden.
Das hier gezeigte Set aus dem Hause Kerb-Konus kostet mit Steuer nicht weniger als (gut festhalten!) 300 Euro.
Konkurrenz? Marktbegleiter? Wettbewerber? Aber sicher. Die Alternativen zur ENSAT-Büchse kommen von Würth, Baer oder noch ein paar weiteren Anbietern. Im Zweifel lohnt sich hier eine kurze Recherche in der Suchmaschine der Wahl oder im Internet-Kaufhaus des Vertrauens.
Einzelne Gewindeeinsätze kann man mitunter dem Motoreninstandsetzer von um die Ecke aus dem Kreuz leiern. Wenn man nett bittet, schraubt der einem eine solche Hülse auch gegen Spende für die Kaffeekasse in die vorbereitete Bohrung. Hat man mit einer solchen Reparatur dann aber ein teures Schätzchen vor der Schrottkiste gerettet, relativieren sich die Preise natürlich.
Ist das hier der letzte Absatz der letzten Folge der scheinbar nie enden wollenden Bohren- und Gewindereihe? Ja, aber nicht ganz. Lassen Sie ihre Bildschirme eingeschaltet, ladies.