Blei-Säure oder AGM?
Blei-Säure-Akkus brauchen für ein langes Leben genau zwei Dinge: Ausreichend Säure in der Zelle und regelmäßigen Auslauf. Mehr nicht.
Diese seit der Eroberung Karthagos durch die Römer gültigen Gesetze verhelfen selbst Chinabatterien üblicherweise zu einer Lebensdauer von 10 oder sogar 12 Jahren – bei geringstem Wartungsaufwand.
Verständlich, dass dieses Wechselintervall dem für Ersatzteile zuständigen BWLer beinahe körperliche Schmerzen zufügt; schließlich könnte die Batterie damit das Fahrzeug überleben.
Lösung dieses unhaltbaren Zustands ist die „Wartungsfreie Batterie“ nach DIN. Sie unterscheidet sich vom seit Robert Bosch unveränderten Bleiklotz nur durch den fehlenden Stopfen zum Nachfüllen von Wasser.
Wegen diesem Mangel kann man hier kein Wasser nachfüllen – und lässt die Batterie sehenden Auges verdursten.
In der Folge verenden solche Stromspeicher oft schon nach 4 Jahren, also BWLer-gerecht und werden dann (idealerweise in der Markenwerkstatt) gegen ein höllenteures Neuteil ausgetauscht.
Unser Artikel zeigt die Rettung einer solch verdursteten Batterie indem man genau 6 Bohrungen anbringt.
Die folgende Anleitung bezieht sich nur auf Blei-Säure-Akkus. Bei AGM-Akkus ist das Elektrolyt in einem Vlies zwischen den Platten gefangen. Hier gibts nix zu reparieren. Ist man sich nicht sicher, das Ding ausbauen und schütteln. Schlockerts und Glockerts im Inneren, so hat man einen Blei-Säure-Akku auf dem Schoß.
Langes Leben mit Wasser
Verdünnte Schwefelsäure in den üblicherweise 6 Batteriezellen stellt den Lebenssaft einer jeden Starterbatterie. Je nach Ladungszustand der Zellen schwankt deren Säuredichte bei Be- und Entladung; gleichzeitig verdunstet ständig eine gewisse Portion Wasser oder wird per Elektrolyse zerlegt.
Die Höhe des Wasserverlustes ist von der Betriebstemperatur und von der „elektrischen Beanspruchung“ der Batterie abhängig. Unschwer zu erraten, dass bei höheren Temperaturen MEHR Wasser flöten geht als bei niedrigen.
BWLer-gerecht verbaut man die Batterie deswegen an einem Ort, der im Normalbetrieb des Fahrzeugs um die 60 °C heiß wird. Das heizt die Verdunstung an und lässt den Säurespiegel schnell unter die obere Kante der Bleiplatten fallen.
In der Folge zerbröseln die Platten und Gitter quasi im Zeitraffer und reduzieren die Lebensdauer auf ein der Ersatzteilwirtschaft förderliches Maß.
Bei „wartungsarmen Batterien“, also dem guten, alten Akku mit Stopfen, drehte man dieselben deswegen bei jedem Ölwechsel raus und ergänzte das geflohene Wasser – fertig war das lange Leben.
Labyrinth statt Stopfen
6 weggesparte Stopfen (bei einer 12-Volt-Batterie) erheben den Bleiklotz also von „wartungsarm“ zu „wartungsfrei“ und machen ihn in aller Regel noch 20 Mark teurer.
Damit einem das Ding nicht um die Ohren fliegt, wenn die Lichtmaschine volle Leistung in den Akku pumpt, hat das Stopfen-Modell ein winziges Labyrinth im Stopfen oder eine eigene „Entlüftung“. Sowas lässt sich an Motorradbatterien beobachten – hier führt ein kleiner PVC-Schlauch das ausgeatmete Wasser nebst Knallgas irgendwo in den Hinterbau des Krades.
Diese Druckentlastung ist lebensnotwendig, weil beim Laden und Entladen nicht nur Wasser flöten geht, sondern auch Sauerstoff und Wasser elekrolysiert werden. Kennt man aus dem Physikunterricht – weil dieses Knallgas-Gemisch über sehr weite Zündgrenzen und erhbliche Sprengkraft verfügt, trägt der kluge Mann bei allen Batterie-Arbeiten immer eine Schutzbrille und drückt die Kippe außerhalb der Bude aus.
Die hinter dem Iphone-gesteuerten Schminkspiegel versteckte BWLer-Batterie hat auch so ein Labyrinth eingebaut; meist an dem vergossenen Plastedeckel der Batterie zu erkennen.
Langes Leben, fachgerecht verkürzt
Um Blei-Säure-Akkus fachgerecht hinzurichten, gibt es prinzipiell zwei Methoden: Tiefentladen und Totkochen.
Bei der ersten Methode saugt die falsch konfigurierte Tamagotchi-Ladeschale über die Sommerferien den Akku leer und lässt die Platten im Inneren des Bleitklotzes sulfatieren.
Bei Methode zwei liefert die Lichtmaschine eine zu hohe Ladespannung in die bereits volle Batterie. Hohe Batterie-Temperaturen begünstigen den Prozess und verwandeln den Akku in eine Gasfabrik.
Die spuckt das Elektrolyt gleich tropfenweise ins Labyrinth oder aus der Entlüftung. Schuld ist meist ein kaputter LiMa-Regler oder der verkehrte Einbauort der Batterie.
Langes Leben: Batterie benutzen!
Ewiges Batterie-Leben mit genügend Säure und Ladung? Wenn ja, könnte man den bis zum Stehkragen mit Säure und Energie vollgepumpten Neu-Akku in einen dunklen Raum stellen und abwarten.
Gegen die Selbstendladung das höllenteure Super-Spezial-Electronic-Ladegerät dran und dann nach 3 Jahren den Zündschlüssel drehen. Naaa?
Unschwer zu erraten, was passiert: Nix. Der Akku ist erledigt, obwohl auf dem Ladegerät-Display alle 17 Balken grün waren.
Denn was die Superspezial-Nasenhaartrimmer aus dem Zubehörhandel nicht aufhalten, nennt der Fachmann „Stratifikation“, also Säureschichtung im Akku.
Schließlich ist dicke Säure schwerer als dünne und sinkt nach unten und frisst da die Platten an. Eine mechanisch nicht bewegte Batterie zerlegt sich also durch schlichtes Rumstehen.
Teure Notstrom-Bleisäure-Akkus werden deswegen in speziellen Schaukeln aufgehängt und regelmäßig wie ein kleiner Windelstinker hin- und hergeschaukelt, um das Elektrolyt durchzumischen. Alternativ installiert man da Magnetrührer, die die Säure in Wallung halten.
In Auto und Motorrad übernimmt das KFZ diese ehrenvolle und nützliche Aufgabe: Selbst die nur samstägliche 2-Kilometer-Einkaufsfahrt zum Orion-Shop reicht, um die Säureschichtung sicher zu verhindern.
Unter dem Strich muss man seine Batterie also einfach nur eingebaut lassen und hin und wieder benutzen.
Batterie kaputt?
Wenn also beim morgendlichen Dreh am Zündschlüssel nur der Tannenbaum erstrahlt und der Anlasser nicht will, so ist die Diagnose „verdurstete Batterie“ oft nicht verkehrt.
Besonders dann, wenn das teure KFZ erst vier oder fünf Jahre auf dem Buckel hat und das Malheur nicht beim ersten Frost passiert.
Glücklicherweise lässt sich dem armen Ding die lebensnotwendige Colabüchse voll Wasser relativ einfach wieder zuführen.
Das geht prinzipiell bei eingebauter Batterie; wir haben den etwas betagteren Bleitklotz aus einem alten T-Modell fotogerecht auf den Schweißtisch des Autoschrauber.de-Labors gewuchtet.
Sicherheit muss sein
Wir hatten das schon: Knallgas und Säure.
Erstere verfügt selbst in kubikzentimeterkleinen Dosen über eine enorme Sprengkraft und zerlegt das Plastegehäuse der Batterie in millimeterkleine Splitterchen, die prasselnd in der Werkstattwand und Bindehaut des staunenden Betrachters einschlagen.
Um den Schaden zu vergrößern, lassen sich Punkt eins und zwei verbinden:
Üblicherweise nur vom ehrgekränkten Mohammedaner für Säureanschläge benutzt, so verteilt sich die Akkusäure bei der Knallgasdetonation mühelos und selbsttätig in der Bude.
Damit Mann und Werkstatt also nicht wie ein rückerobertes Dorf in der Ostukraine aussehen, gilt: Zündquellen fernhalten, Schutzbrille aufsetzen und immer wissen, wo der nächste Wasserhahn hängt. Oder die nächste Regentonne steht. Und dann im Ernstfall die Birne oder den Balg da drunter- oder reinhalten.
Erst dann und nur dann anfangen, mit der Batterie (auf einer säureunempfindlichen Oberfläche) herumzuhantieren.
Zell-Forschung
Den Bleitklotz also auf die Werkbank wuchten.
Ausbeulungen unter dem oberen Aufkleber verraten üblicherweise, wo sich die 6 Zellen und Einfüllöffnungen des Akkus befinden. Aufkleber runterpopeln.
Prinzipiell ist es wurscht, an welcher Stelle man die Zelle anbohrt, um destilliertes Wasser nachzufüllen.
Allerdings sind die Zellen alle mit einer Bleibrücke verbunden, um die Batterie herzustellen. Und nur selten lässt sich die Lage dieser Brückenelemente von Außen erahnen.
Ideal deswegen das Bohrloch da, wo definitiv freie Bahn ist: Im und durch das Labyrinth.
Das funktioniert auch nach der Batterie-Rettung genausogut oder genausoschlecht, so dass ein Loch zwar schadet, der Nutzen jedoch deutlich überwiegt.
Glücklicherweise besteht das Plasteteil (noch!) aus nichtleitendem Kunststoff, so dass Bohrspäne in die Zelle fallen können, ohne Probleme zu machen.
Mit einem Spiralbohrer von 4 oder 5 Millimetern vorsichtig aufbohren und die Bohrung anschließend leicht ansenken.
Letzte Aktualisierung am 5.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Wasser für Canitoga
Linst man (mit Schutzbrille!) durch das kleine Loch, wird man der Wüstenei gewahr: Kein Wasser und deswegen kein Startstrom.
Für die fachgerechte Bewässerung der Batteriezelle eignet sich eine Spritzflasche aus dem Laborzubehör hervorragend.
Soviel destilliertes Wasser auffüllen, dass der Plattensatz mindestens einen Zentimeter hoch bedeckt ist.
Muss man darauf hinweisen, dass das Wasser destilliert sein muss? Gibts inzwischen beim Discounter und kostet nix.
Zell-Verschluss
Das Abdichten der verarzteten Zellen erfordert volle Kreativität und phantasievolle Materialwahl. Weil dieser Akku gut 7 Jahre bis zur Durststrecke brauchte, tat eine provisorische Füllung mit Scheibendichtmasse gute Dienste.
Denkbar sind auch Acryl-Dichtmasse, Dirko oder alle übrigen aushärtenden und nicht aushärtenden Dichtpampen.
Dabei sollte das Zeug im Zweifel rausfliegen, wenn im Fall des Worst-Case-Szenario das Labyrinth versagt und sich Überdruck in der Zelle aufbaut.
Ebenso denkbar sind kleine Stöpsel, zum Beispiel aus einer alten Motorrad-Batterie – auf diese Weise rückgerüstete Kraftspender können dann wie eine „normale“ Batterie regelmäßig gewartet werden und leben lang und länger.
„Auferstehung“ lautet im übrigen der Titel eines sehr lesenswerten Romans des glühenden Autoschraubers Leo Tolstoi. 628 erbauliche Seiten, die man selbst in einer Goldschnitt-Ausgabe mit einer einzigen reparierten Batterie wieder drin hat.
Letzte Aktualisierung am 5.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API