Die Konstruktion
Wofür haben die Ingenieure in Wolfsburg diese Hinterachslagerung ursprünglich entwickelt? Für einen Radpanzer? Eine Güterzug-Lokomotive? Als Wellenlager in einem Hochseeschlepper? Wir wissen es nicht. Ganz konkret steckt das Ding in einem T3-Bus – und wäre nicht kaputtgegangen, wenn da kein Wasser reingekommen wäre. In unserer Radlager-Reihe steht die folgende Reparatur damit für alle Lager mit separatem Lagergehäuse und zwei Wälzlagern mit Abstandshülse. Deren Aus- und Einbau ist nicht weiter schwer, aber wegen der Presspassung etwas trickreich.
Als am Mittellandkanal der eckige Nachfolger des T2 entstand, haben die Fahrwerksleute wohl mit einer Motorisierungsvariante jenseits der 300 PS gerechnet – und die Hinterachse recht üppig dimensioniert. Dabei kam eine Konstruktion heraus, die simpel und langlebig zugleich ist: Sie besteht im Wesentlichen aus einem Guss-Radlagergehäuse mit zwei eingepressten Wälzlagern, die einen Wellenstummel tragen. Dieser Wellenstummel überträgt das Drehmoment einer Antriebswelle auf das Rad. Fertig. Sowas trägt in der Industrie auch den Namen „Vorsatzlager“.
Dabei sind das innere und das äußere Lager in das Lagergehäuse eingepresst und jeweils nach außen hin mit Wellendichtringen abgedichtet. Eine Abstandshülse zwischen den beiden Lagern sorgt dafür, dass die Lager beim Festziehen der Zentralmutter nicht verspannt werden. Das innere Lager ist in diesem Fall des feste und das äußere Lager das lose Lager: Sein innerer Laufring kann sich axial bewegen und damit Wärmedehnung kompensieren.
Diese Konstruktion ist auch mit 16´´-Rädern und einer überladenen Karosse auf einer Schlaglochpiste nicht kaputtzukriegen.
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Diagnose
Wer je eine solche Radlagerung zu Gesicht bekommt, muss für die Diagnose nur die Antriebswellen demontieren und am Wellenstummel drehen: Knirselt oder knorselt es? Läuft die Lagerung rau? Hat das Konstrukt bei montierter Zentralmutter Spiel? Wenn ja, lohnt eine Demontage in jedem Fall. Allerdings sind dann mindestens zwei neue Wellendichtringe fällig – die sind nach der Demontage in jedem Fall hinüber.
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Achsstummel herausschlagen
Liegt das Trumm auf der Werkbank, lässt sich der Wellenstummel mit einem Schonhammer leicht herausschlagen. Dabei kommt auch der innere Laufring des äußeren Lagers mit zum Vorschein – und offenbart oft schon, woran die beiden Lager gestorben sind.
Diese hier waren nicht völlig hinüber, sondern lediglich leicht korrodiert. Wenn man sowas eh gerade auseinander hat, erneuert man die Lager und Dichtringe.
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Dichtringe und Sprengring ausbauen
Wie man den inneren und den äußeren Dichtring ausbaut, ist beinahe wurscht – hier können Montiereisen, Schraubenzieher oder Spax-Schrauben und Stiefelknecht zum Einsatz kommen. Bloß raus mit den Dingern, sind eh kaputt.
Und da die Lager dahinter jetzt ja auch neu sollen, sind Beschädigungen hier ebenfalls egal. Das innere Lager wird von einem Sprengring auf seinem Platz gehalten. Hat man dessen Sitz vom Rost freigekratzt, bekommt man den Ring mit einer Seegering-Zange leicht zu fassen und ausgebaut.
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Lager ausbauen
Beide Lager sitzen mit einer Übergangspassung im Gehäuse. Das heißt, dass sie sich mit leichten Hammerschlägen oder milder Gewalt in diesen Passungen bewegen lassen. Das innere Lager lässt sich in diesem Fall einfach mit einer Hülse rauskloppen. Dass dabei die Kraft über den Innenring geht – egal! Das Ding soll nur raus.
Beim äußeren Lager hockt nur noch der Außenring im Lagergehäuse und ließe sich auch mit einem Dorn aus seinem Sitz treiben. Der guten Form halber pressen wir ihn jedoch mit einer Spindel aus seinem Sitz. Dazu die passende Beilage einlegen und ordentlich kurbeln. Liegen inneres und äußeres Lager auf der Werkbank, wird die zerstörende Wirkung von Wasser offenbar: Beide Lager haben sichtbar gelitten.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass dieser VW-Bus eines jener sagenumwobenen Exemplare mit Allradantrieb ist – ein „Syncro“. Also ein Vehikel, in denen sich der #Vanlife – Adel gerne mit Murmeltieren, Negerkindern und bei Flussdurchquerungen ablichtet. Ein wenig Spritzwasser oder eine schnelle Durchfahrt des Sambesi sollte so eine Abdichtung tatsächlich abkönnen, wenn sie denn astrein in Ordnung ist. Spröde Dichtringe oder eine eingelaufene Dichtfläche lassen jedoch die 2 – 5 Milliliter Flusswasser hinein, die dann im Laufe der kommenden Wochen, Monate und Jahre die Lager zerstören – denn raus kann der Saft ja nicht mehr.
Um die autoschrauber.de-Strahlkabine auszulasten, haben wir das Radlagergehäuse nicht nur von altem Fett gereinigt, sondern anschließend auch mit Glasperlen gestrahlt und neu mit Rostschutzfarbe angepinselt. Dass das Innere peinlich sauber sein muss und insbesondere die Lagersitze (-und kleinen Kanten) wirklich aseptisch rein sein sollten, leuchtet ein.
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Inneres Lager
Liegt das runderneuerte Radlager-Gehäuse auf der Werkbank, kann auch schon das innere Lager auf seinen Sitz wandern. In diesem Fall ging das beinahe mit Daumenkraft – möglicherweise braucht es aber auch leichte Hammerschläge auf den Außenring. Um nicht versehentlich auf den Käfig abzurutschen, tut man das idealerweise mit einer Hülse, die ein bisschen kleiner als der Außendurchmesser des Lagers ist.
Anschließend einen (neuen) Sicherungsring einbauen: Jetzt kann das Lager nimmer mehr vom Platz.
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Äußeres Lager
Die Passung des äußeren Lagers ist so toleriert, dass der Außenring samt Käfig fest im Lagergehäuse sitzt. Um ihn auf seinen Sitz zu pressen, braucht es deswegen zwingend eine Presse oder so eine Spindel mit passenden Beilagen. Nach dem Einsetzen der Abstandshülse drückt man damit den Außenring bis auf den Grund seines Sitzes. Da sich der Innenring verschieben lässt, braucht der Außenring auch nicht arretiert werden.
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Dichtungen und Fett
Damit Flusswasser die Lager der rollenden Hippiehütte nicht schon beim nächsten Insta-Shooting erneut ruiniert, müssen die Radialwellendichtringe heile auf ihren Platz. Das geht am Besten mit einer passenden Buchse, die einen Hauch kleiner als der Außendurchmesser des Dichtrings ist. Inneren und äußeren Dichtring vorsichtig auf ihren Platz schlagen.
Anschließend das Innere ordentlich mit Universalfett balsamieren. „Ordentlich“ heißt in diesem Fall, dass beide Lager über reichlich Fett verfügen, aber nicht in einem Fett-Bett feststecken. Für ein Gehäuse dieser Größenordnung reichen vielleicht 3 oder 4 Schnapsgläser Universalfett, also rund 60-80 Milliliter. Das verteilt man großzügig vor unter hinter den Lagern – im Laufe der Zeit „holen“ sich die Lager ihr Fett dann.
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Wellenstummel montieren
Für die finale Komplettierung fehlt noch der Wellenstummel: Seine Dichtfläche leicht mit Fett bestreichen und die Welle dann vorsichtig durch die Lager schieben. Möglicherweise kann hier auch der Schonhammer helfen.
Das Ding lässt sich butterweich drehen? Schleift nicht? Wohl getan!
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