Die Idee, zwei Kegelrollenlager gegeneinander zu verspannen und dann als Radlager zu verwenden, ist ebenso uralt wie billig. So eine Konstruktion besteht prinzipiell nur aus einem festen Achsstummel, auf den die Bremstrommel oder -scheibe mit den beiden Lagern geschoben wird; die Außenringe der beiden Lager sind fest in die sich drehende Bremstrommel oder -scheibe eingepresst. Die Innenringe und Wälzkörper drehen lose zwischen Achsstummel und Außenring, sie werden mit einer Mutter zusammengepresst. Und genau dieses Zusammenpressen definiert logischerweise die Vorspannung oder Einstellung der beiden Lager.
Das ist einfach und gut. Aber wie genau soll der dümmst-anzunehmende Schrauber so eine Konstruktion einstellen, ohne dass das Lager zu lose oder zu fest ist? Dem Konstrukteur fallen an dieser Stelle die soeben ergrauten Haare büschelweise aus: Zu lose Einstellung lässt die Lagerung wackeln, zu feste macht das Lager schwergängig. Bei beiden Extremen verschleißen Wälzkörper und Lagerringe entweder im Eiltempo oder sogar im Rekordtempo.
Die Lösung besteht aus einer dicken Einstellscheibe, die unter der Feingewinde-Einstellmutter liegt. Diese Scheibe dient nicht nur als Unterlegscheibe für die Mutter. Vielmehr sind alle Auflageflächen (zufällig) so bemessen, dass sie als Messinstrument für die Vorspannung des Lagers dienen.
So lässt sich diese Scheibe bei korrektem axialen Lagerdruck (zufällig) mit einem Schlitzschraubenzieher gerade noch eben seitlich verschieben. Oho! Aber was bedeutet „Gerade noch eben“?
Dem klugen Mann schießen natürlich sofort ein halbes Dutzend Fragen in den Kopf: Ist der ganze Plunder geschmiert? Mit welchem Schmiermittel? Wie breit ist die Klinge des Schraubenziehers? Wie hoch darf das Drehmoment an seinem Griff sein?
Kleine Raffinesse der Konstruktion ist zudem die Arretierung der Spann- oder Einstellmutter – sie wird mit einem Sicherungsblech plus Splint gegen Verdrehen fixiert. Und da an dieser Stelle nur drei Positionen (360°/3 = 120°) möglich sind, muss man sich hier bei irgendeiner Zwischenstellung zwischen „zu fest“ und „zu lose“ entscheiden. Uff!
Das Einstellen von solchen Lagern ist deswegen wie so alles auf Erden: Ein ewiger Kompromiss. Hat man alle Bauteile satt mit Fett geschmiert, sollte sich die Scheibe mit mäßigem Dreh am Schraubenzieher nicht zu leicht hin- und herbewegen lassen. Andererseits darf sie auch nicht wie angenagelt stehen. Vor allem muss das montierte Rad wirklich leicht laufen und darf nicht durch die Lagerung gebremst werden. Wackeln darf es (im anderen Extrem) natürlich auf gar keinen Fall.
Wer auf Nummer sicher gehen will, macht sich deshalb in seinem Serviceheftchen noch ein kleines Zusatzkästchen, das auch abgehakt werden will: Vorspannung der Radlager kontrollieren. Auch wenn der Spruch „Das setzt sich“ bei Radlagern immer schon ein Märchen war, so verschleißen alle Teile – und machen im kommenden Jahr dann vielleicht ein paar Grad mehr an der Einstellmutter möglich.