Das ABS an sich
Die Idee hinter dem ABS ist so einfach wie genial: Statt mit einer einzelnen Bremsung das Rad zum Blockieren zu bringen, lässt das ABS System die Bremsen „stottern“ – die Bremskraft wird etliche Male pro Sekunde zurückgenommen und wieder voll angefahren.
So kann sich das Rad in den offenen Phasen weiter drehen und bleibt lenkbar; gleichzeitig wird ein Rutschen auf glatter Fahrbahn verhindert. ABS verzögert das KFZ unabhängig von Reifenzustand und Fahrbahndecke immer nahezu ideal. Da die größtmögliche Verzögerung (also Bremswirkung) kurz vor dem Blockieren des Rads anliegt und das ABS diesen Punkt dutzende Male pro Bremsung provoziert, verbessert sich obendrein die Bremsleistung auf nasser Fahrbahn.
Wo aber Licht ist, ist auch Schatten: So bedroht eine leuchtende ABS-Kontrolle zwar nicht akut das Leben der Insassen, stellt aber ein 100%iges NO-GO beim TÜV-Onkel dar: Lampe an, ABS außer Funktion, keine Plakette. Spätestens jetzt steht die Reparatur an.
Aufbau des ABS
Ein typisches ABS besteht aus folgenden Komponenten:
Drei oder vier (Rad-)Drehzahlsensoren
Einem Bremspedalschalter
Dem Hochdruckblock (oder ABS-Block)
Dem Steuergerät (oft im ABS-Block verbaut)
Dem Geber für die Querbeschleunigung (bei Systemen mit ESP)
Die Radsensoren und den Bremslichtschalter kann man leicht selbst überprüfen, bevor man die rollende Hundehütte für teures Geld in die Werkstatt schiebt und das Steuergerät auslesen lässt. Für die Diagnose in der Werkstatt oder im Licht der Straßenlaterne braucht es dabei nicht viel mehr als ein einfaches Multimeter. Wer ein Oszilloskop sein eigen nennt, ist noch besser aufgestellt. Damit lassen sich die Radsensoren vorzüglich prüfen.
Diese kleinen Lümmel liefern nämlich pausenlos die aktuelle Drehzahl des Rads, aus der die Stotterfrequenz abgeleitet wird. Ältere Fahrzeuge mit „nur“ ABS (ohne ESP) sind oft als Dreikanalsysteme gebaut. So ein System verfügt über je einen Sensor pro Rad an der Vorderachse und einen gemeinsamen Sensor im Differential der Hinterachse.
„Neuere“ Modell mit ESP oder ASR verfügen über Vierkanal-ABS, also je einen Sensor pro Rad.
Aktive / passive Sensoren
Prinzipiell können ABS-Sensoren als induktive Sensoren oder Hall-Sensoren gebaut sein.
Hall-Sensoren lassen sich auf die hier gezeigte Weise nicht prüfen; kommt in einem späteren Artikel. Im Weiteren ist deshalb nur die Rede von induktiven Sensoren.
Solche Drehzahlschnüffler sind quasi kleine Elektromagneten, also Spulen mit etlichen tausend Windungen mit einem winzigen Eisenkern. Dreht sich vor dieser Spule das Geberrad mit seinen Löchern oder Schlitzen, induziert diese Bewegung Strom – ein drehendes Rad liefert also eine saubere Sinuskurve. Die Länge der Periode ist dabei die Drehgeschwindigkeit des Rads.
ABS-Sensoren bestehen meist aus der genannten Spule im Kunststoffmantel und einer angegossenen Anschlussleitung für das ABS-Steuergerät. Diese Verbindung wird im Laufe der Zeit häufig brüchig, ebenso das Kunststoffgehäuse selbst, das seine Weichmacher verliert. Dann kann Feuchtigkeit eindringen und zerstört die Spule durch Korrosion – in der Regel ein hoffnungsloser Fall (für den Sensor).
Genau so ein Ausfall lässt sich jedoch relativ leicht feststellen. Liefert der Fehlerspeicher des Fahrzeugs nur die schlichte Fehlermeldung „Raddrehzahlsensor“, verschweigt aber das befallene Rad, kann man die 4 Ecken des geliebten KFZ einfach selbst checken.
Messen mit dem Multimeter / Oszilloskop
Für diese Diagnose wird zunächst der fahrbare Untersatz aufgebockt, die Lenkung voll eingeschlagen und die Kabel im Radhaus abgesteckt – die Kabel sind üblicherweise mit denen der Bremsverschleißkontrolle verbunden. Ist der Stecker gelöst, kann er von seinem Buchsennachbarn getrennt werden. Für den Test müssen nun die beiden Kontakte mit dem Multimeter oder Oszilloskop verbunden werden. Steht die Kabelstrecke, wird nun das Rad nun per Hand gedreht.
Hat man das Multimeter auf Wechselspannung eingestellt, sollte nun Sprünge in der Spannung angezeigt werden: Spule funktioniert! Da die Impulse sowohl in der Amplitude als auch in der Spannung schnell schwanken, kann das handelsübliche Multimeter die Daten kaum richtig anzeigen, das ist aber nicht weiter schlimm, solange die Sprünge regelmäßig auftreten.
Mit dem Oszilloskop ist die Diagnose optisch deutlich einfacher – das Radsignal liefert eine saubere Sinuskurve auf den alten Röhrenbildschirm, der zu Vaters besten Jahren der Stand der Technik war.
Lässt sich kein Signal mehr feststellen, auch wenn man versucht hat, einen möglichen Wackelkontakt im Kabel auszuschließen, ist der Sensor in aller Regel nicht mehr zu retten. Die Spulen sind sehr empfindlich was Feuchtigkeit angeht, und oxidieren schnell. In Folge dessen verlieren sie ihren inneren Widerstand und mutieren zum Kurzschluss.
ABS-Sensor ersetzen
Ihr Signal erzeugen die Spulen durch einen Zahn- oder Lochkranz, der durch seine Aussparungen laufend sein Magnetfeld ändert. Jede dieser Aussparungen erzeugt ein „Tief“, während der Zahn oder die fehlende Aussparung ein „Hoch“ auf den Bildschirm zaubert. Hat man das Rad eh auf dem Präsentierteller, kann man diesen Zahn- oder Lochkranz bei dieser Gelegenheit sauberschruppen, um eventuellen Problemen durch Abrieb der Scheibenbremsen entgegenzuwirken.
Im Hinblick auf diese Geberräder gehen die Hersteller unterschiedliche Wege – der VAG Konzern setzt weitgehend auf einen außenliegenden Lochkranz der äußerlich an der Radnabe angebracht ist, während Mercedes und BMW in der Radnabe liegende Zahnkränze verwenden. Die Funktion und Überprüfung ist in beiden Fällen gleich.
Hat man einen kaputten ABS-Sensor dingfest und gegen ein gebrauchtes Exemplar vom Verwerter, den Kleinanzeigen oder ein fabrikneues Modell getauscht, steht eine Probefahrt an. Auf einer sicheren Strecke langsam rollen und dann gezielt eine Vollbremsung auslösen. Stottert es wieder? Verlöscht die Kontroll-Leuchte im Cockpit? Dann funktioniert dein ABS wieder einwandfrei, juhu!
Bei einigen Fabrikaten muss der Fehlerspeicher gelöscht werden, um sicherheitsrelevante System wie das ABS System nach einem Fehler wieder scharf zu schalten. Diesen Service bieten sowohl freie als auch Markenwerkstätten an, die Kosten liegen zwischen 30 und 50 Euronen.
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