Wer die Tür zur heimischen Werkstatt aufschließt, betritt ein Zauberreich der Ordnung und Sauberkeit: Alle Elektrowerkzeuge im Regal aufgereiht. Öle, Fette und Wässerchen sauber im Stahlschrank. Schrauben, Muttern, Scheiben, Sprengringe und Splinte nach Größe und Namen sortiert in den Schubladen. Und erst die Handwerkzeuge: sinnvoll sortiert, blitzeblank und griffbereit im Rollwagen. Herrlich!
Umso schlimmer der Besuch beim Cousin, Schwiegervater oder Kumpel auf dem Land: In dessen lichtloser „Werkstatt“ dämmern Gartengeräte zwischen Kisten kaputter Winkelschleifer, korrodieren Keksdosen mit Kleinteile-Mischmasch und in der hintersten Ecke neben dem Karnickelstall findet sich als zentraler Bestandteil der sagenumwobene „Werkzeugkoffer“. Dieses Werbegeschenk des ADAC aus dem Jahr 1998 enthält nicht nur angerostete Wasserpumpenzangen aus indischem Weicheisen, sondern auch Knarren, die in jede Drehrichtung sperren und ein Sammelsurium Schraubenschlüssel, in dem die Größen 10, 13 und 17 mit tödlicher Sicherheit fehlen.
Nungut, man braucht ja auch nur einen Schraubenzieher. Nein, nur einen Schraubenzieher – nichts weiter. Sollte sich doch finden lassen! Und findet sich tatsächlich auch in einem alten Persil-Karton, neben den beiden Rasenmäher-Leichen. Immerhin. Hat sogar ein Kunststoffheft und wurde also nach Hitlers Ableben produziert! Allein, seine Klinge ist so rund und abgekaut, dass man selbst von Hand zugedrehte Schrauben mit mit diesem Ding nicht wieder aufbekommt. Herrjeh! Was tun?
Um ein solches Artefakt wieder in Gang zu kriegen, braucht es nichts weiter als einen Schleifbock. Und mit diesem Schleifbock bringt man die Klinge WIE AUF DEN BILDERN ZU SEHEN in Form. Also auflaufend. Und zum Schluss kürzt man das Ding noch ein ganz wenig ein und beschleift die Seiten, um eine gerade Fläche zu formen. Die perfekte Klinge eines Schlitzschraubendrehers ist nämlich leicht hohl geschliffen und taugt nur in dieser Form, um gammelige Schrauben aufzukriegen.
Der Schwager / Schwiegervater / Kumpel auf dem Land will auch mal probieren und sein Glück am frisch erneuerten Werkzeug versuchen? Tief durchatmen und dem Mann das Werkzeug in den Brustkorb rammen.
In Gedanken. Natürlich.