Artikel über Hämmer?
Zugegeben: Vielleicht ist ein Artikel über Hämmer ein wenig drüber. Zu simpel, zu doof. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass es dazu einiges zu erzählen gibt. Und ich persönlich kenne einen, der fast sein Augenlicht verloren hat, weil ein anderer nicht wusste, dass die Hammerbahn bei einem Schlosserhammer knallhart ist. Allein dafür lohnt das also.
Dabei scheint das Metier erstmal simpel und besteht prinzipiell aus Schlosserhammer und Schonhammer. Für die allermeisten Schlägereien an Ford, Daimler und Audi reicht das in der Tat auch völlig aus. Trotzdem hat der feine Mann natürlich noch mehr Sportgeräte gehortet und stapelt in einem Schrank Latthämmer, Dachdeckerhämmer, Maurerhämmer, Blechhämmer, Vorschlaghämmer, Schlackehämmer, Aluhämmer, Äxte, Beile und Fleischklopfer. Man weiß ja nie!
Schlosserhammer
Der Schlosserhammer ist vielleicht DER Hammer überhaupt. Kennt jeder: Auf der einen Seite eine Finne und auf der anderen Seite eine leicht ballige Hammerbahn. Während die Finne eigentlich zum Schweifen von Blechteilen gut ist, kann man damit auch gezielt Schläge auf kleine Schrauben, Zylinderstifte oder Blechkanten abgeben. Die Bahn dient zum allgemeinen Schlagen, Versenken, Plattkloppen oder Zurechtrücken. Von was auch immer.
Neben der gehörigen Vorsicht bei aller Klopperei ist dabei das Gewicht des Werkzeugs entscheidend und die Form des Stiels. Geht man also unbedarft in den Hammer-Laden, verlässt man das Geschäft oft mit einem Hammer von 300 Gramm (soviel wiegt der Kopf, die Zahl ist darauf eingeschlagen) und einem zu dicken Stiel.
Und diese 300 Gramm sind ein hässlicher Kompromiss: Zu schwer zum Körnen und zu leicht zum anständigen Draufhauen. Wer mit 300 Gramm 1001 Körnerpunkte an der autoschrauber.de-Volkswerkbank gesetzt hat, weiß, dass ein Hammer mit 200 Gramm nicht nur leichter ist, sondern für diesen Zweck völlig ausreichende Schlagkraft mitbringt. Hat der Hammer-Macher dann noch einen zu dicken Stiel eingesetzt, liegt der Baumarkt-Standardhammer auch noch schlecht in der Hand.
Die Grundausstattung an Schlosserhämmern in der Werkstatt beherbergt deshalb immer einen kleines Hämmerchen von 200, maximal 250 Gramm. Dieses Kampfgewicht taugt hervorragend zum Körnen oder zum ganz zarten Klöpfeln auf Kunststoffteilen. Stimmt das Gewicht, lohnt sich der Griff zur Feile, um die Applikation zu individualisieren – in einer Lehre zum Huf- oder Kunstschmied ist das Feilen von Hammerstielen deshalb Teil der Grundausbildung.
Stiel
Muss erwähnt werden, dass der Hammerstiel aller Schlaggeräte aus Hickory oder Esche bestehen MUSS? Beides sind zähe, langfaserige Hölzer, die den Stiel federn lassen und nur unter extremer Belastung brechen. Im Qualitätswerkzeug sind die Namen dieser Holzsorten oft eingebrannt oder mit einem Aufkleber vermerkt.
Im Gegensatz dazu wirbt niemand mit Fichte: Das bricht nämlich schnell, hässlich und lässt den abgerissenen Hammerkopf mit Freude durch die Werkstatt sausen. Während das Projektil in die Frontscheibe des nebenstehenden Wohnmobils einschlägt, freut sich Herr Wu aus der Hammerfabrik über den eingesparten Yen fuffzich.
Und klar: fest eingestielt sein muss der Kopf natürlich auch.
Fäustel
Mit einem 200-Gramm-Gerät kommt man also schon durchaus weiter. Allerdings taugt dieser Leichthammer nicht für Schläge auf festgebackene Teile und macht Platz für 1000 Gramm am Stiel. Hier im Bild hat das Gerät die Form eines Fäustels mit zwei Hammerbahnen. Mit seinem kurzem Stiel lässt sich dieses mittelschwere Argument exakt führen und entfaltet unerbittlichen Nachdruck an der Aufschlagstelle. Der Nachdruck sollte dabei allerdings auch wirklich Nachdruck sein und aus einem gut gezielten und scharfen Schlag bestehen. Das wirkt mehr als 100 zarte Klöpfeleien und zeigt, ob bei der Demontage nicht grundsätzlichlich etwas festhängt.
Die 1000 Gramm existieren natürlich auch in der Darreichungsform „Schlosserhammer“, sind aber mit einem langen Stiel nicht so exakt zu führen wie ein Fäustel. Zudem lässt sich die Kraft auf eher kleinem Raum entfalten – mit längerem Stiel muss man weiter ausholen und hat weniger Wumms in engen Räumen. Wer Platz hat, legt sich natürlich beide Bauformen hin, am besten gleich doppelt. Das Schöne: So ein Hammer frisst GAR KEIN Brot. Deshalb sammeln sich gerne auch alle Möglichen Zwischengewichte an. Hat man also Platz…her damit.
In irgendeiner Ecke ist noch mehr Platz? Dann darf auch der 5-Kilo-Moteck nicht fehlen: So eine Gewaltandrohung am Stiel wirkt schon, wenn man sie nur aus der Ecke holt. Und was mit dieser Gewalt nicht losgeht, ist entweder verschweißt oder danach kaputt.
Schonhammer
Hammer-Bauform Nummer zwo ist der Schonhammer oder Kunststoffhammer. So ein Schlagwerkzeug schont die Oberfläche des Werkstücks und ist immer dann angezeigt, wenn man Leichtmetall- oder Gussteile malträtiert. Letztere zerspringen mit viel Pech vor Freude, wenn man sie mit einem normalen Hammer an der rechten Stelle trifft. Bei der Kombination „Guss“ und „Hammer“ ist deshalb der Schonhammer erste Wahl.
Der Kopf guter Schonhämmer besteht aus einer zähen Kunststoffmischung und lässt sich oftmals abschrauben und auswechseln, wenn verschlissen. Dummerweise bestehen diese Köpfe oft aus recht hartem Kunststoff und federn beim Schlagen. Deswegen übertragen sie lange nicht so viel Energie vom Oberarm in das Werkstück wie Hämmer mit Füllung:
Bei diesen speziellen Exemplaren ist der Kopf fest montiert, aber dafür zur Hälfte mit Schrot gefüllt und damit beim Auftreffen auf das Werkstück quasi „Extra-schwer“. Auf diese Weise landet deutlich mehr Energie im Werkstück; der Kopf ist weicher, hat aber mehr Wumms.
In den Werkzeugwagen gehören wenigstens ein, besser zwei Schonhämmer mit unterschiedlichem Kampfgewicht.
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Dorne und Meißel
Weil jedoch auch der ausgefuchsteste Hammer nicht in jeden finsteren Winkel des geliebten Fahrzeugs reicht, muss der Wille des Autoschraubers verlängert werden; zum Beispiel mit Treibdornen oder Splinttreibern. Letztere werden in Sortimentskästen verkauft und sind unerlässlich, um Zylinderstifte aus ihren Bohrungen zu kloppen. Braucht man Gewalt am Gussteil, bietet sich ein Aludorn an: der überträgt den Impuls, ohne das bröselige Gefüge zu zermörsern. Lange Dorne ermöglichen darüber hinaus den Schlag in der Tiefe des Motor-Raums.
Meissel und Körner erweitern des Hammers Möglichkeiten nochmals. Mit ihnen lassen sich Schmiernuten modellieren, festgebackene Schrauben köpfen oder korrodierte Riemenscheiben auf ihrer Welle drehen. Eigentlich ein Wunder, dass ein Haufen Länder Pleite ging, die den Hammer sogar im Wappen trugen. Vermutlich haben sie heimlich mit ihnen herumgemurkst – und zum Beispiel Schraubenzieher als Meißel missbraucht.
Wie man Schrauben fachgerecht dreht und warum man den Zieher nicht als Meißel nutzen soll, zeigt die kommende Folge dieser Serie. Junge Damen, bitte dranbleiben.