MIG / MAG Schweißen
Wenn der Trafo summt und das Werkstück bereit ist, kann´s losgehen: Der einfachste Übungsfall zum Schutzgas-Schweißen besteht aus einer schlichten Auftragsnaht. Das hatten wir schon beim E-Hand-Schweißen – Brenner aufs Blech oder Profil halten und die Vorschubtaste drücken: Klack! Braaaaaaat!
Sobald der Lichtbogen brennt, fördert das Gerät Draht in das Schweißbad und schmilzt sowohl den Draht als auch den Grundwerkstoff auf. Ist die entstandene Schweißlinse groß genug, neigt man den Brenner in Fahrtrichtung und zieht ihn laaaaaangsam nach rechts.
Wenn Vorschub und Stromstärke optimal eingestellt sind, produziert der Lichtbogen jetzt ein gleichmäßiges, zischend-knatterndes Geräusch. Hat man das andere Ende der Naht des Blechs erreicht, lässt man die Taste los und lehnt sich zufrieden zurück: well done!
Im Gegensatz zum E-Hand-Schweißen ist MIG/MAG erfreulich einfach, weil der Lichtbogen so stabil brennt und willig zündet. Nächste Station ist deswegen eine simple Kehlnaht. Hier ist die Brennerhaltung sinngleich und auch hier muss man darauf achten, dass die Naht auch wirklich auf BEIDEN Blechen oder Werkstücken liegt.
Hält man den Brenner nicht genau in 45°, liegt die Naht zu sehr auf dem einen oder dem anderen Blech. Sieht man sofort.
Schweißpositionen
MIG/MAG lässt sich in beinahe jeder Position verschweißen; neben der beinahe idiotensicheren Handhabung ebenfalls ein großer Pluspunkt so einer Brutzel-Station. Über die im E-Hand-Bandwurm beschriebenen Auftrags- und Kehlnähte hinaus sind auch steigende, fallende oder -Überkopfnähte mit Schutzgas (fast) kein Problem. Wenn es also darum geht, unter marodem Blech rumzukrauchen und marode Bodenbleche zusammenzupappen, so ist der Wunderrüssel (wenn so eine Reparatur-Schweißung am KFZ erlaubt ist) das Mittel der Wahl.
Vor allem kann man Schutzgas sowohl schleppend als auch stechend schweißen. Dabei heißt „schleppend“, dass man den Brenner z.B. nach rechts neigt und dann auch nach rechts zieht.
„Stechend“ bedeutet, dass man den Brenner nach rechts neigt, aber nach links zieht. Dabei piekt man quasi mit dem Draht in kaltes Material rein, während der Draht beim schleppenden Schweißen in die bereits mehr oder weniger große Schweißlinse fließt.
„Stechend“ geschweißte Nähte brennen bei gleicher Stromstärke logischerweise nicht so tief ein – die Naht liegt eher ein wenig obendrauf. Das kann helfen, wenn man dünnes oder papierdünnes Blech schweißen will und selbst eine kleine Linse sofort auf den Teppich durchbrennt.
Stromstärke und Vorschub
Am Schutzgasgerät kann man grob gesagt zwei Sachen einstellen. Drahtvorschub und Strom.
Bei den allermeisten Geräten ist der Drahtvorschub an die Stromstärke gekoppelt, so dass das Gerät den Vorschub zurücknimmt, wenn man strommäßig einen Gang zurückschaltet.
Die richtige Einstellung von Strom und Draht ist dabei schlicht Erfahrungssache. Nimmt man zuviel Strom, brennt man Löcher ins Blech. Nimmt man dazu noch zuwenig Draht, reißt der Lichtbogen mit einem Zischen mitten im Schweißen ab. Bei zuviel Strom werden einem die Schweißnähte oder -Punkte ständig durchfallen und sind dann auf der Rückseite des Blechs zu sehen.
Wünschenswert ist die Einstellung, bei der die Nähte schön tief einbrennen, aber gerade nicht durchfallen.
Einbrand
Je nach „Wärmeschluckvermögen“ des Werkstücks und Stromstärke (und Schweißposition) brennt die Naht unterschiedlich tief ein.
Falls das Material dann schlicht zu weich wird oder sich unter der Schweißlinse kein Materil mehr befindet, fällt der ganze Plunder auch mit einem leisen „Pafffffff!“ auf den Boden, zersplattert dort in einer kleinen Supernova und hinterlässt ein unregelmäßig geformtes Loch im Blech.
Während schon das flüssige Material auf Beton (und Badelatschen) Schwelbrände und Brandblasen hervorruft, so sorgt flüssiger Stahl für eine Erleuchtung der Extraklasse, wenn man unter dem Fahrzeug liegt und das Zeug „Batsch!“ ins bereitgelegte Antlitz tropft. In so einem Fall hat man besseres zu tun, als langsam zum Gerät zu schlurfen und die Stromstärke runterdrehen.
Spritzer / Gasdüse
Im Gegensatz zum E-Hand-Schweißen spritzt MIG/MAG eher wenig, auch wenn sich der Schweißvorgang üblicherweise gefährlich anhört. Nichtsdestoweniger lohnt es sich, umgebende Partien des Werkstücks zu schützen, bevor man die Elektrofackel anzündet.
Für diesen Zweck hält der freundliche Fachhandelsmann „Spritzersprüh“ bereit, eine durchsichtige und abwaschbare Emulsion, meist auf Silikonbasis. Das Zeug sprüht man dünn auf die vorbereitete Naht und zieht dann ungeniert seine Bahnen. Der Lichtbogen spritzt und spratzelt dann zwar immer noch wie zuvor, allerdings lassen sich die Perlen und Spritzer jetzt quasi mit einem feuchten Tuch aufnehmen. Wermutstropfen: Silikonbasis. Soll das Werkstück also später lackiert werden, legt man sich mit diesem Zeug ein teuflische Ei ins Nest und sollte es besser weglassen.
Die Spritzer setzen im Übrigen auch die Gasdüse am Brenner zu. Das drosselt zwar nicht den Gasfluss, verwirbelt ihn aber. Und allein aus ästethischen Gründen sollte man die Düse alle paar Meter Naht zumindeste von der übelsten Schnotter-Schlacke befreien
Zu viel Gas / zu wenig Gas
Für den typischen Werkstatt-Reparatur-Fall reicht eine Gasmenge von 8-15 Litern Schutzgas pro Minute. Die exakte Menge hängt jedoch ab von
– Der Größe des Schweißbades
– Der Geometrie der Gasdüse am Brenner
– Der Werkstatt höchstselbst: Zieht´s in der Bude?
Weil das Schutzgas Geld kostet, lohnt es sich, mit dem Zeug zu geizen. Dazu kramt man sich ein Stückchen Schrott aus der Kiste, zieht eine Naht und reduziert nach und nach die Gasmenge.
Ab einer gewissen Grenze wird die Naht kruckelig; zudem hört sich der Lichtbogen etwas härter an: Hier ist die untere Grenze des Volumenstroms erreicht – jetzt wieder zwei oder drei Liter dazugeben, um auf der sicheren Seite zu operieren.
Typischer Fehler auch das Schweißen mit zugedrehter Flasche: So eine Naht erinnert entfernt an eine Art verbrannte Gummidichtung und zeigt deutlich, wofür das Gas gut ist.
Letzte Aktualisierung am 3.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Üben, üben, üben
Wie bei allen Schweißverfahren muss man Schutzgasschweißen üben. Um mal richtig einen Nachmittag „durchzubraten“, plündert man am besten die Schrottkiste eines benachbarten Schlosserei- oder KFZ-Betriebes und schleppt einen Kofferraum Auspuffrohre, verbeulte Kotflügel, Bremsscheiben, Winkelprofile und sonstiges Geraffel in den Schweißerkobel.
Mit einer frischen Schutzgasflasche, einer neuen Drahtspule und einem Träger Bier macht man sich dann einen schönen Abend und backt den Plunder mit Kehlnähten, Überlappähten, Steignähten und Fallnähten zu einem Meilenstein abstrakter Kunst zusammen. Uiiiiiiiii!
Nur schlecht, wenn die Angetraute und keiner der Ignoranten im Bekanntenkreis dieses Werk geschenkt möchte. Nunja – möglicherweise lässt sich das gute Stück auf dem nächsten Weihnachtsmarkt für ein paarhundert Euro an entzückte Kunstliebhaber versilbern.
Die Schutzgas-Reihe endet an dieser Stelle so dass wir nur noch einen Blick auf die übrigen Artikel der Schweiß-Kategorie. empfehlen.