MIG-MAG-Schweißen
Je nach Leistung und Qualität kann man mit einem Schutzgas-Gerät unterschiedlich starkes Material verschweißen. Das fängt bei Dünnblech an und hört erst bei Materialstärken jenseits der Schiffsbauklasse auf.
Weil sich MIG/MAG insgesamt viel leichter handhaben lässt, hat es E-Hand deswegen in über 90% aller Schweiß-Fälle komplett verdrängt; die elektrischen Zauberstäbchen kommen in Metallbau-Buden oft nur noch dann zum Einsatz, wenn Spezialfälle verarztet werden sollen: Alles Übrige ist ein Fall für die die Schutzgas-Maschine.
Und weil sich der heiße Rüssel so schnell und problemlos ans Gartentor, den Hilfsrahmen oder einen mürben Twingo-Schweller halten lässt, ist die Ernüchterung groß, wenn die Schweißnaht Falten wirft, der neue Schweller noch mehr Löcher als der alte hat oder sich das Gartentor beim Erkalten der letzten Naht unaufhaltsam schiefzieht.
Vor dem Schweißen lohnt deswegen ein Blick auf Art des Grundmaterials, die Konstruktion der Naht und eine saubere Oberfläche.
Material zum Schweißen
Das mit dem Material hatten wir schon im Grundkurs E-Hand-Schweißen; deswegen hier nur kurz zur Wiederholung: Grundmaterial und Schweißdraht müssen zusammenpassen und sich prinzipiell per MIG/MAG verschweißen lassen.
Damit scheiden (bis auf ganz wenige Superspezialfälle) Grauguss, Buntmetalle, vergütete und höherlegierte Stähle von vornherein schlicht aus.
Auch wenn Generationen frischgebackener Schweißgerätebesitzer das stets auf Neue probieren: Pumpengehäuse aus Zinkdruckguss, gerissene Bohrmaschinenständer aus Grauguss oder abgerissene Torx-Nüsse lassen nicht verschweißen.
Selbst wenn das Konstrukt anschließend wie verschweißt aussieht, so hält es nicht einmal dem milden Blick der eigenen Großmutter stand, ohne wieder auseinanderzufallen.
Weil das hier ja „Grundkurs“ heißt, reden wir deswegen nur von Bau- oder niedriglegierten Stählen, also „schwarzem Material“, das in der Werkstatt in Form von Blechen, Rohren oder Profilen herumfliegt und sich in aller Regel hervorragend verschweißen lässt.
Diese Stahlqualitäten kommen am Auto seit der Jahrtausendwende allerdings immer weniger zum Einsatz.
Um Gewicht zu sparen, verwendet der Konstrukteur in Wolfsburg, Stuttgart oder München zunehmend hochfeste Sonderstähle, die mitnichten per MIG/MAG verschweißt werden sollten.
Sowas hält nach dem elektrischen Gewitter zwar halbwegs, trägt jedoch anschließend nur das Prädikat „kaputtrepariert“: Moderne „Tailored Blanks“ werden auch im Reparaturfall entweder mit der Wunderfackel WIG oder einer passenden Punktschweißzange zusammengenagelt.
Wärmemenge und Verzug
Im Fall von Geometrie und Masse der Werkstücke verhält es sich hingegen analog zum Elektrodenhandschweißen: Dicker Stahlklumpen schluckt mehr Wärme als kleiner Blechschnipsel. Umgerechnet auf den Strombedarf verlangt der große Batzen deswegen mehr Strom und auch einen dickeren Draht als das dünne Blech – hier reichen prinzipiell ein dünner Draht, wenig Strom und wenig Vorschub.
Dieses „Wärmeschluckproblem“ zeigt sich auch dann, wenn man Bauteile miteinander verschweißt, die unterschiedlich stark sind. Sollen ein 0,8er Blech und ein 3mm-Profil verbunden werden, muss man die Naht fast ausschließlich auf dem Profil ziehen und nur ab und an mal auf das Blech rüberhuschen.
Die meiste Wärme geht in diesem Fall in das Profil, das Blech nimmt nur eine marginale Menge auf.
Liegen beide Teile frisch verschweißt auf der Werkbank, so kann man den Schweißspiegel aus der Hand legen und die erste Flasche Chantré köpfen: well done!
Allerdings muss man unverzüglich einen zweiten, großen Schluck nachgießen, sobald sich das Konstrukt langsam knisternd abgekühlt hat: Das Blech bleibt nämlich nicht lange flach, sondern gehorcht dem Diktat des Wärmeverzugs und nimmt die Form einer EU-Banane an.
Schweißt man dünnes Material (also Hauben, Türen oder Kotflügel) mit durchgehenden Nähten, wird des Schweißers Gesicht anschließend so lang wie die Naht selbst: das komplette Bauteil verknittert und verzieht sich. Der besondere Spaß beim Wärmeverzug: So ein Schaden ist kaum zu beheben und ein Fall für echte Blech-Fachleute.
Ein Punkt – eine Tonne
Weil Wärme zum Schweißen naturgemäß dazugehört, lässt sich der Verzug auch nicht vollständig minimieren, sondern nur eindämmen.
Das geschieht in der Praxis auf zweierlei Art. Maßnahme eins besteht darin, die Schweißkonstruktion so aufzubauen, dass sie in sich verwindungssteif daherkommt und nur schwerlich verknittert.
Ganz praktisch verbiegt z.B. ein Rechteckprofil von 10x60mm in der flachen Richtung viel eher (und bietet Angriffsfläche für Verzug) als in der hochkantigen. Geht es also darum, einen simplen, viereckigen Rahmen zu bauen, so muss das Profil hochkant stehen.
Anti-Falten-Maßnahme zwei besteht darin, schlichtemang mit der hässlichen Wärme zu geizen, also wenig davon ins Bauteil einzuleiten. Meist sind durchgezogene Nähte schlicht zuviel des Guten und können locker durch eine Reihe kurzer Raupen ersetzt werden. Oder, noch besser, durch einzelne Punkte auf einer Linie.
Die Haltbarkeit solcher Punkte ist im Übrigen enorm – mit einer Zugfestigkeit von 350 N/mm² hält ein simpler Schweißpunkt nämlich glatt eine Tonne Zugkraft aus: Mehr als genug, um einen neuen Schweller sicher am maroden Tigra zu verankern.
Versprödung
Wenn der TÜV-Onkel beim Gruben-Termin mit dem Kopf wackelt und das Schweiß-Kunstwerk ablehnt, so fällt bei der Bitte um Erklärung (die bei 105 Euro für 20 Minuten „Untersuchung“ durchaus drin sein sollten) meist der Begriff „Versprödung“.
Der Mann hat hiermit nicht ganz unrecht – eine Schweißnaht reißt bei Belastung nämlich nie und nimmer in der Naht selbst, sondern stets neben der Naht.
Weil erhitzt, ist das Material in der Naht schlicht durchgekocht und damit härter und spröder als das umliegende Grundmaterial.
Durchschweißen bis der Draht alle ist, sollte man also nur an sehr massiven und verwindungssteifen Werkstücken, an denen sowohl Verzug oder Versprödung nix ausmachen.
In nahezu allen anderen Fällen muss man über das Nachdenken, was der Ingenieur „konstruktive Durchbildung“ der Schweißstelle nennt.
Um den Verzug auf großen Flächen und an langen Bauteilen zu minimieren, bietet sich z.B. Punktschweißen an. Dabei überlappen sich beide Bleche und werden mit Schweißpunkten im Abstand von 20 – 30 mm (bei Blechstärken von 1 – 1,2 mm) verbunden.
Damit die Oberfläche anschließend topfeben aussieht, wird das unten liegende Blech mit einer Spezialzange abgesetzt und das oben liegende gelocht. Mit dem Schweißdraht piekt man durch das Loch und setzt eine Linse auf das unten liegende Blech, bis sich beide Bleche miteinander verbunden haben.
Wenn man mit Schutzgas schweißt, kann man also Heften (kleine Punkte), kurze Raupen schweißen oder Durchschweißen (ganze, lange Nähte). Ist der Verzug wurscht (das fette, alte Garagentor, an das ein neuer Knauf gebraten werden soll), darf man getrost Nähte ziehen, bis der Draht alle ist.
Letzte Aktualisierung am 5.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Schweißposition und Masse
Fast alle Schweißpositionen (und -Nähte) beim MAG-Schweißen sind Überlappnähte, Kehlnähte oder Mischformen aus beiden.
Bei der Überlappnaht überlappen sich die Bleche. Bei der Kehlnaht liegt die Naht in der Kehle der beiden Werkstücke. Genau genommen ist die Überlappnaht auch eine Kehlnaht – bloß eben eine sehr kleine.
Für beide Nahtformen gilt: der Spalt zwischen den Werkstücken muss klein sein. Je kleiner, desto besser. Bleche, die ein paar Millimeter auseinander liegen, kann man mit einer Art Brücke „zusammenbraten“ – brauchbar geschweißt ist das allerdings nicht.
Dickere Bauteile mit Wandstärken jenseits der 4 mm sollten mindestens angefast werden, damit die Schweißraupe in dieser Fase liegt und mehr Fläche hat, um die beiden Werkstücke zu verbinden.
Wenn also die Werkstücke in Position liegen, fehlt zum Schweißen noch eins: die Masse. Das Werkstück bildet im Schweißstromkreis ja den einen Pol, der Draht im Brenner den zweiten.
In unserem Fall „Lehrwerkstatt“ mit blitzeblanken Schweißtischen und Werkstücken liegt die Masseklemme schlicht am Tisch. Man geht davon aus, dass die Bleche schon genug Kontakt zum Tisch haben und kann einfach losschweißen.
Masse machen
Fast alle Schweißpositionen (und -Nähte) beim MAG-Schweißen sind Überlappnähte, Kehlnähte oder Mischformen aus beiden.
Bei der Überlappnaht überlappen sich die Bleche. Bei der Kehlnaht liegt die Naht in der Kehle der beiden Werkstücke. Genau genommen ist die Überlappnaht auch eine Kehlnaht – bloß eben eine sehr kleine.
Für beide Nahtformen gilt: der Spalt zwischen den Werkstücken muss klein sein. Je kleiner, desto besser. Bleche, die ein paar Millimeter auseinander liegen, kann man mit einer Art Brücke „zusammenbraten“ – brauchbar geschweißt ist das allerdings nicht.
Dickere Bauteile mit Wandstärken jenseits der 4 mm sollten mindestens angefast werden, damit die Schweißraupe in dieser Fase liegt und mehr Fläche hat, um die beiden Werkstücke zu verbinden.
Wenn also die Werkstücke in Position liegen, fehlt zum Schweißen noch eins: die Masse. Das Werkstück bildet im Schweißstromkreis ja den einen Pol, der Draht im Brenner den zweiten.
In unserem Fall „Lehrwerkstatt“ mit blitzeblanken Schweißtischen und Werkstücken liegt die Masseklemme schlicht am Tisch. Man geht davon aus, dass die Bleche schon genug Kontakt zum Tisch haben und kann einfach losschweißen.
Sauber!
Hat man sich nun monatelang den Kopf über Materialpaarung, Schweißposition, Art der Naht und das Verhüten von Brand und Hagelschlag zerbrochen, so könnte die lustige Schweißerei endlich losgehen – wenn denn alles sauber wäre.
Und zwar nicht nur sauber, sondern rein. Metallisch rein. Ärgerlicherweise pappt auf dem Blech oder Profil in aller Regel irgendein Lack oder eine fiese Wachsschicht oder Öl oder eine Feuerverzinkung.
In allen Fällen gilt: Runter damit, zumindest an der Schweißstelle selbst. Der Kram (allen voran Feuerverzinktes oder gar Cadmiertes) ist, wenn verbrannt oder verkokelt, ziemlich ungesund.
Zersetztes Lungengewebe könnte man an dieser Stelle als stahlharter Schrauber vielleicht noch in Kauf nehmen, wenn die Nähte denn was würden. Werden sie aber nicht.
Dass hier eine Schweißung in die Binsen geht, hört man schon während der Arbeit: Eine Schweißflamme auf Lack oder Dreck kleckert und meckert und spritzt. Nähte auf öligen oder noch lackierten Stellen werden kruckelig und vor allem so porös, dass z.B. Behälter anschließend definitiv nicht dicht sind.
Deswegen müssen alle Schweißstellen vor dem Feuersturm metallisch blank sein: Ruhig noch einen Zentimeter zugeben. Denn das, was da an Lack noch steht, verbrennt durch die Hitze sowieso.
Ob man Rost, Farbe oder Schnotter mit einer grimmigen Zopf- oder Fächerscheiben von der Platte putzt, ist einerlei. Einzig: sauber muss es sein.
Und weil man sich als harter Kerl jetzt schon wieder nur um gebügelte Nähte und die Sauberkeit im (Schweiß-)Bad gekümmert hat, versprechen wir hoch und heilig, dass in der kommenden Folge wirklich Feuer vorkommt. Huahahahaaaa…!
Junge Damen, bitte ebenfalls dranbleiben.