Korbspule
Weil der Schweißdraht beim Schutzgasschweißen Elektrode und Zusatzwerkstoff in Personalunion darstellt, muss er zum Grundwerkstoff passen. Für die übliche Reparaturschweißerei an Golf III, Twingo und C-Klasse besteht er aus un- oder niedriglegiertem Material. Damit kann man sowohl Radläufe reparieren als auch Gartenzäune flicken.
Gängige Darreichungsform sind sogenannte „Korbspulen“ zu 15 Kilogramm. Für Kleingeräte und Alle-Jubeljahre-Schweißer existieren Klein-Spulen mit 5 oder 2 kg.
Roboterisierte Fertigungsstraßen beim Autobauer hingegen bekommen ihr Drahtfutter aus Fässern – zu 150 oder 300 Kilogramm. Der Draht selbst muss je nach Werkstück dünner oder dicker sein. Gängige Durchmesser sind 0,8 / 1,0 / 1,2 Millimeter.
Damit der Draht nicht schon auf der Spule rostet und einen guten elektrischen Kontakt in der Stromkontaktdüse hat, ist er dünn verkupfert. Edelstahldraht ist nicht verkupfert, deutlich teurer und wird vorwiegend mit reinem Argon verschweißt.
Aluminiumlegierungen lassen sich mit Alu-Draht verschweißen. Weil Aluminium jedoch „schmiert“, benötigt man hier auch ein spezielles Schlauchpaket mit Teflon-Seele.
Je nach Anbieter, Mondphase und Gebindegröße schwanken die Preise für Schweißdraht um folgende Werte:
Unlegierter Draht, 5 Kilogramm: 10 – 20 Euro
Unlegierter Draht, 15 Kilogramm: 30 – 45 Euro
Edelstahldraht, 15 Kilogramm: 250 – 400 Euro
Aluminiumlegierung, 7 Kilogramm: 80 – 120 Euro
Stromkontakt und Vorschub
Während das Werkstück ja die Masse liefert, kommt der Strom über den Draht. Und zum Draht gelangt er über die „Stromdüse“ (oder „Stromkontaktdüse“) im Brenner. Erst ab hier ist Dampf auf dem Draht – und zwar soviel, wie das Gerät hergibt.
Logisch, dass die Düse guten Kontakt haben soll und deswegen zum Durchmesser passen muss. Wenn der Lichtbogen nach einem Drahtwechsel spratzelt und flackert, kann das an einer zu großen Stromdüse liegen: Der Draht hat dann nur hin und wieder Kontakt und lässt den Lichtbogen flackern.
Beim Vorschub gilt dasselbe – die Nuten in den Vorschub- und Führungsrollen müssen zum Draht passen. Sonst ziept oder stuckert der Vorschub und macht geschmeidiges Schweißen unmöglich.
Unter Vorspannung
Der Schweißdraht selbst ist nicht wirklich gefährlich, verlangt aber nach besonderer Aufmerksamkeit. Alle Drahtspulen haben nämlich eine tückische Eigenschaft, die einen gehörig in Erstaunen versetzt, wenn man sie das erste mal sieht: Sie sind mit Vorspannung aufgerollt.
Wenn Omas Stopfgarnrolle unter den Couchtisch fällt, macht das weiter gar nichts. Man hilft der Patriarchin, indem man die Rolle aufhebt und das lose Garn wieder draufrollt. Wenn Oma aber beim Schweißdrahtwechsel die volle Korbspule runterknallt, macht es „Zongggggg!“ – Gleichzeitig entspannen sich gefühlte 17 Kilometer Schweißdraht schlagartig wie eine Uhrwerksfeder.
Ist das Spektakel zum Stillstand gekommen, hat Großmutter mehr Spieldraht für die Katzen, als ihr lieb ist. Um das zu vermeiden, muss man das lose Ende beim Spulenwechsel immer feste in der Hand haben und anschließend sicher an der Spule verknoten.
Korbspule ausbauen
Um den Draht zu wechseln, kann man ihn aus dem Brenner heraus- oder in das Gerät zurückziehen. In der Regel zieht man nach vorne, also in Vorschubrichtung.
Wenn aber die Vorschubeinrichtung Mist gebaut und Salat ins Schlauchpaket gefördert hat, zieht man rückwärts, also in das Gerät rein. Den Draht dabei immer und immer glatt mit einem Seitenschneider abschneiden. Vergisst man die Schweißperle am Brennerende und zieht mit der Urgewalt eines maroden Aufsitzmähers am Draht, wirkt die Perle als Fanghaken und verheddert sich im Schlauchpaket.
Das ist in der Folge meist Schrott – in diesem Fall sollte man sich die Flossen waschen, 150 Euro für ein neues Paket bereitlegen und ein paar Minuten leise weinen.
Unvermeidlich Weinen muss man auch dann, wenn einem ein loses Drahtende durchs Auge wischt: Bei aller Draht-Hantiererei peinlich darauf achten, dass die losen Enden nicht in Augenhöhe herumflitschen.
Hat man den Draht in der Maschine also abgeknipst und das Ende sicher um den Spulenkörper geknotet, kann man die Spule aus der Halterung nehmen. Da gibt es verschiedene Patente; allen ist jedoch eines gemein: Die Spulenbremse.
Das ist eine Karo-einfach Reibbremse, die die Schweißdrahtspule einstellbar verzögert. Die Bremse soll so eingestellt sein, dass der Draht einerseits noch gut gefördert wird, eine volle Spule bei hohem Vorschub aber schnell zum Stehen kommt. Ungebremst produziert eine volle Spule mit Schwung eine Menge Drahtsalat.
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Schweißdraht-Spule einbauen
Bevor man den neuen Schweißdraht einfädelt, (richtiger Durchmesser an den Vorschubrollen und der Brenner-Stromhülse?), muss man die Andruckrollen entspannen.
Erst jetzt das freie Drahtende von der Spule holen und sauber abkneifen. Draht nicht loslassen und in die Vorschubeinrichtung einlegen. Andruckrollen zuklemmen, Flasche zudrehen, Gerät einschalten und den Knopf am Brenner drücken. Klack!
Die Vorschubeinrichtung sollte jetzt Draht ins (nicht-verknotet am Boden liegende) Schlauchpaket fördern.
Wenn es im Griff hakt, kann sich der Draht vor der Stromhülse verklemmt haben – abschrauben und nachsehen. Wenn er aus dem Griff herauskommt – prima!
Noch besser, wenn die Andruckrollen so eingestellt sind, dass er gegen den Widerstand der leicht geöffneten Handfläche läuft. Wenn er das nicht tut: Nachregeln.
Wenn nun also das Gerät freudig brummt, die Gasflasche erregt knistert und der Schweißdraht vergnügt auf der Spule schimmert, ist es Zeit, die Gebetsriemen anzulegen und mit der behaarten Männerfaust auf den Küchentisch zu hauen: Die Werkstatt ruft!
Junge Damen, bitte dranbleiben und auch den 4. Teil der Schutzgas-Reihe lesen.