Alu und Leichtmetall verschweissen
Alu und Leichtmetall verschweissen
Elektrode

04 – Werkstoffe beim Schweißen

Kann ich ##### schweißen?

Lässt sich Stahl schweißen? Ja. Alu? Ja, aber. Guss? Ja, aber noch mehr aber. In jedem Fall müssen Elektrode und Werkstück zusammenpassen.

Stahl schweißen

Zum Schweißen braucht es neben Trafo, anständigem Stromanschluss und ein paar Feuerlöschern vor
allem das Werkstück. Das ist aus aus Stahl, klar. Aber was ist Stahl eigentlich und: Gibt ́s da nicht noch
Guss? Und Edelstahl?
Generell lassen sich ziemlich viele Werkstoffe elektrisch verschweißen: Einfacher Stahl, legierter Stahl,
Leichtmetall, Guss. Da aber, wie schon im ersten Teil angedeutet, Schweißen Wissenschaft und Kunst
gleichermaßen ist, halten wir uns wegen des enormen Schwierigkeitsgrades dieser Spezialfälle an den
allereinfachsten Fall und der ist aus Stahl.

Und weil Stahl nicht gleich Stahl ist und es die tollsten und
kompliziertesten Legierungen gibt, halten wir uns auch hier an den einfachsten Fall und der ist Baustahl.
Diese Festlegung und Einschränkung ist enorm wichtig, weil die Elektrode als Zusatzwerkstoff unbedingt
zu dem Grundwerkstoff (also dem Werkstück) passen muss. Allerdings schadet es nicht zu wissen, was
Stahl und was nicht Stahl ist, um nicht viertelstundenlang über das verteufelte Gespratzel auf dem
Schweißtisch zu fluchen und zu grübeln.

Gusseisen schweißen

Gusseisen ist der Neandertaler unter den zivilisierten Stählen. „Guss“ oder „Grauguss“ glockerte nicht nur
aus mittelalterlichen Rennöfen, sondern wird auch heute noch in irrsinnigen Mengen hergestellt und
verrichtet seinen Dienst üblicherweise da, wo besserer Stahl zu teuer ist.
Im Gegensatz zu Stahl enthält Gusseisen nämlich deutlich mehr Kohlenstoff oder Graphit.
Der findet sich an den Grenzen zwischen den Eisenkristallen und sorgt dafür, dass Bauteile aus Gusseisen
zwar einerseits höllenstabil gegen Druckbelastung sind, aber wie Bunzlauer Steingut zerscheppern, wenn
man sie auf den Boden pfeffert. Neben dem geringen Preis hat Guss jedoch einen Vorteil: Es dämpft
(wegen des enthaltenen Graphits) Schwingungen und wird deshalb immer noch für Motorblöcke oder
Maschinenbetten von Werkzeugmaschinen verwendet. Hier darf es nicht nur preiswert sein, sondern auch
ruhig.
In der Praxis erkennt man Gussteile entweder daran, dass sie billig sind (Gartentor, Dekoplunder,
Kanaldeckel), oder schlampig verarbeitet (schlecht geputzte Gussgrate) oder daran, dass sie über
Schlacken- oder Lufteinschlüsse verfügen. Auch wenn es 100%ige Sicherheit nur im Labor gibt, kann
man das fragliche Werkstück in den Schraubstock spannen und eine gerade Fläche dran feilen – wenn die
Feile sich im Vergleich zu Baustahl deutlich anders verhält, hat man wahrscheinlich ein Teil aus Guss
eingespannt.

Gusseisen lässt sich mit speziellen Elektroden schweißen, verhält sich aber wegen seines inneren Aufbaus
divenhaft, wenn man Wärme ins Spiel bringt. Schließlich erzeugt die partielle Erwärmung eines Guss-
Teils gleichfalls hohe Zugspannungen und lässt das Werkstück „Pling!“ zerspringen, sobald es abkühlt
oder nach dem Abkühlen auch nur leicht belastet wird.
Damit eine Guss-Schweißung dauerhaft hält, muss gesamte Bauteil anschließend geglüht werden, damit die Spannungen im Material verschwinden.
Unter dem Strich lässt sich sowas also nur sehr schwer dauerhaft verschweißen, selbst wenn das Schweißbad gut
aussieht. In der Schrottkiste liegenlassen.

Tuschierplatte aus Gusseisen – gut an den Rippen zu erkennen, dass dieses Teil definitiv gegossen wurde.
Riemenscheibe – ebenfalls Gusseisen; weil dieses Werkstück keinen hohen Belastungen ausgesetzt ist, machen auch die Lunker im Guss nix.
Gussiger gehts nimmer: Reitstock der autoschrauber.de-Drehbank. Vereint zeitlose Eleganz mit mörderischem Gewicht. Braucht man nie schweißen, weil mechanisch unzerstörbar.

Automatenstahl

Wenn Drehstähle, Fräser oder Spiralbohrer ins Werkstück beißen, sollen bearbeitete Flächen anschließend
nicht nur lecker aussehen. Vielmehr müssen die entstehenden Späne gut abfließen, damit die
Serienfertigung flutscht und dem Shareholder die Taschen vollmacht.

Für diesen Zweck werden Grundstähle schon seit Jahr und Tag mit Phosphor und Schwefel legiert.
Beide Elemente adeln die Legierung dann zum „Automatenstahl“, der sich im Unterschied zum
„normalen“ Stahl deutlich besser zerspanen lässt und dann nicht nur prima Oberflächen gibt, sondern mit
geringer Oberflächenrauheit auch die Fabrikation von Passungen erst ermöglicht.


Was jedoch dem Zerspaner das Herz höher schlagen lässt, bereitet dem Schweißer Würgreiz: Beide
Legierungsbestandteile setzen die Schweißeignung des Materials deutlich herab und lassen die Schmelze
spritzeln und spratzeln. Ob ein Werkstück aus Automatenstahl besteht, lässt sich meist nur abschätzen: Ist
das ein billiges Dreh- oder Frästeil? Stecken da viele Passungen / Bearbeitungsschritte drin oder dran?
Vermutlich hat man Automatenstahl in der Hand. Der lässt sich zwar irgendwie schweißen, macht aber
keine Freude. Besser im Regal oder in der Schrottkiste liegenlassen.

Und ne Buddel voll Rum: In dieser Kiste finden sich neben toten Mäusen und einer Unze Feinstaub vor allem Automatenstähle. Auf dem Schwarzweissbild nicht zu erkennen: Die Stirnflächen des runden Materials sind meist bunt eingefärbt, so dass man weiß, WELCHES Material man da in ins Futter schraubt.

Edelstahl

Die Stunde der Edelstähle schlägt dann, wenn Bauteile nicht rosten dürfen, besonders fest und leicht sein
sollen oder bei Hitze in Form bleiben müssen. Weil aktuelle Kutschen und Kräder ziemlich viele solcher
Anforderungen stellen, kommen auch hier viele dieser Stähle zum Einsatz.
Einfachster Fall sind nichtrostende Stähle, die man schlicht daran erkennt, dass Bauteile meist unlackiert
bleiben. Dieses Zeug wird auch dann nicht vom Gilb zerfressen, wenn es ein Jahr auf der
Strandpromenade von Warnemünde am Zaun hängt. Edle Gatter, Tore, Medizin- oder
Lebensmitteltechnik ist aus nichtrostenden Stählen gemacht. Lässt sich gut verschweißen, benötigt jedoch
spezielle Elektroden und sortenreine Behandlung.

Hochfeste Stähle hingegen können durchaus rosten, haben aber bestimmte technologische Eigenschaften
wie zum Beispiel Zähigkeit oder Zugfestigkeit. Hochbelastete Wellen, Federn, Bolzen oder auch
Werkzeuge bestehen aus sowas. Meist erkennt man hochfestes Material daran, dass es sich schwer
zerspanen lässt. Darüber hinaus mit etwas Nachdenken auch daran, dass es für diese Funktion schlichtweg
etwas besseres sein MUSS.
Werkzeugstähle, also Sägeblätter, Stecknüsse, Fräser, Drehlinge oder Bohrer sind aus Werkzeugstahl,
HSS oder noch schickerem und teurerem Material gemacht, dass sich mit Werkstattmitteln in aller Regel
gar nicht schweißen lässt. Hier die Wunderfackel in Anschlag zu bringen, geht nicht – außer der
Schraubenschlüssel, die Nuss oder das Sägeblatt besteht aus indischem Baustahl, was ja auch ab und an
vorkommt.

Edle, warmfeste Stähle finden sich da, wo Krümmer, Hosenrohre oder Turbolader formstabil sein sollen –
kurzum an Ecken, die sowohl mechanisch belastet als auch thermisch strapaziert werden.
Diese Stähle können beides ab, während „normaler“ Stahl seine mechanische Festigkeit bereits ab
Temperaturen von 350 °C einbüßt. Das entspricht kaum sichtbarem Anlass-Gelb; niedriglegierte Stähle
sind deswegen für Abgassystem & Co. nicht geeignet.
Pikanterweise lassen sich warmfeste Stähle (wie auch nichtrostende Stähle) mit un- oder niedriglegiertem
Material oftmals verschweißen. Das hält auch halbwegs, hat aber logischerweise nicht die
technologischen Eigenschaften wie warmfester oder nichtrostender Stahl. Einzige Ausnahme bildet das
Verschweißen von Baustahl mit Edelstahl-Elektroden: Geht prima, hält auch, kostet jedoch übermäßiges
Geld, das man besser dem Hilfsfond notleidender Autoschrauber-Witwen spendet.

Rostet kaum und muss was besseres sein. Zumindest bei der Zylinderkopfschraube wird eine brauchbare Schweißung wohl schiefgehen.
Rund, eckig und schlauchig – Rostfreien Edelstahl findet man oft in der Lebensmittelindustrie oder im Außenbereich. Lässt sich mit WIG gut schweissen.

Leichtmetall? Alu?

Wer „Alu“ sagt, meint Leichtmetall, genauer: Irgendeine Leichtmetall-Legierung, die wiederum meist
ziemlich viel Aluminium enthält. Zusätzlich schwimmen in solchen Legierungen dann Kupfer, Mangan,
Silizium oder Magnesium.

Welchen Stoff in welcher Menge Herr Piächz oder Meister Honda in die Alu-Suppe gerührt oder geknetet
haben, entscheidet darüber, ob sich das Endprodukt z.B. entweder gut schweißen, tiefziehen oder härten
lässt und anschließend schneller oder langsamer korrodiert.

Neben der schnellen Wärmeleitung (ideal: Wärmetauscher) interessiert die Herren beim Aluminium vor
allem das niedrige Gewicht. Und weil ungefederte Massen das Schlimmste vom Schlimmen sind, waren
Alufelgen und Fahrwerksteile deswegen die ersten Einsatzfelder. Darüber hinaus findet sich das leichte
Zeug heute in Zylinderköpfen, Ansaugbrücken, Wasserpumpen, allen möglichen Gehäusen, Deckeln oder
Abdeckungen.

Lässt sich die Alu-Legierung prinzipiell schweißen, so macht man das allermeistens elektrisch; in der
Werkstatt ist WIG das Mittel der Wahl. Weil sich jedoch auf der Schmelze blitzschnell eine Oxydschicht
bildet, braucht es neben einem Schweißgerät mit ordentlich Dampf (siehe weiter unten: Dick und Dünn)
Wechselstrom, um diese Oxydschicht aufzuknacken.

Zylinderkopf aus Leichtmetall. Kann man schweißen, schluckt aber viel Wärme.
Kühlwasserpumpe aus Leichtmetall, Entlüfterdeckel ebenfalls. Beides mit hohem Aufwand schweißbar.

Baustahl!

Unter dem Begriff „Baustahl“ werden gemeinhin alle un- oder niedriglegierten Stähle gehandelt. Solche
Stähle hießen zu Vaddis Zeiten z.B. ST 37 oder ST 42 und liegen heute z.B. als S235JR+AR oder
S355J2+N beim Stahldealer des Vertrauens im Regal. Prinzipiell gilt auch hier: Baustähle lassen sich
umso besser schweißen, je weniger Legierungsbestandteile drin sind.

Da Baustahl aber massenhaft vorkommt, muss man sich darum keine Sorgen machen – schließlich kostenKupfer, Nickel oder Chrom teures Geld, sodass sich diese Zutaten nicht freiwillig in die Baustahl-
Schmelze verirren. Ganz allgemein spricht der Schlosser dann von „schwarzem“ Stahl, weil das Zeug –
tärääää- schwarz aussieht und schwarze Hände macht, wenn man damit rumhantiert.

Un- oder niedriglegierte Stähle lassen sich in beinahe jede beliebige Form bringen und begegnen einem
deshalb als Flachstahl, L-, I-, T- oder was-auch-immer-Profil, als rundes Rohr, Quadratrohr oder Blech.
Lässt sich alles prima bearbeiten und vor allem schweißen; aus diesem Grund ist es zumindest für
Lehrzwecke das Mittel der Wahl.

Mäßige Ordnung im Regal: Die Autoschrauber.de-Baustahl-Sammlung. Da finden sich….
… allerhand Profile und Rohre. Alles prima schweißbar.
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Dick und dünn

Mit Ausnahme von WIG werden beim Schweißen, wenn der Lichtbogen einmal brennt, in einem Plasma
winzige Brösel vom Schweißstab (der Elektrode) abgeschmolzen und fliegen auf die Werkstückseite. Das
Werkstück wird auch angeschmolzen – hier bildet sich an der Schweißstelle ein Schmelzbad. Dieses
Schmelzbad kann klein sein oder groß, genau wie das Werkstück klein oder groß sein kann.
Interessant ist dabei vor allem die Wärmemenge, die das Werkstück zu schlucken im Stande ist. Kann
man sich vorstellen: ein 100Kilo-Amboß, den man mit einer Elektrode traktiert, schluckt mehr Wärme als
ein 10-Zentimter langes Fitzelchen Winkelprofil. Die Wärmleitfähigkeit des Werkstoffspielt hier ebenfalls
eine Rolle – Weil Alu Wärme deutlich besser leitet als Stahl, braucht man zum Aluschweissen viel mehr
Wärme (und Strom).

WOHIN sich die Wärme verkriecht, ist ebenfalls nicht unwichtig; im Fall des Amboss geht sie
gleichmäßig, also quasi kugelförmig, in den ganzen Briefbeschwerer. Beim langen Fitzelprofil wandert
sie nur entlang des Profils, so dass Schmelzbäder bei gleichem Wärmeintrag immer größer werden, wenn
man auf das Ende dieses Profils kommt. Insgesamt verschwindet die teure Stromwärme schneller als man
denkt; bei jedem Schweißgerät (ob Autogen oder MIG/MAG oder Elektrode) gibt es durch die begrenzte
Menge Wärme, die rauskommt, eine gewisse Grenze an verschweißbarem Material.
Beim Elektrodenhandschweißen gibt es diese Grenze auch. Und weil Werkstück und Elektrode nicht nur
von der Legierung her ungefähr zueinander passen müssen, sondern auch von der Wärmemenge und der
Größe des Schweißbades, so muss die Dicke der Elektrode auf das Werkstück abgestimmt sein.

Vor allem müssen der Wein und die sedierende Musik auf den Anlass des beschaulichen Stelldicheins im
Schweißer-Heim abgestimmt sein; diese Auswahl ist mindestens genauso wichtig wie alles oben Gesagte.
Wie es also mit Elektroden, Umhüllungen und Stellungen weitergeht, zeigt die kommende Folge. Junge
Damen, bitte folgen.

Unschwer zu erraten, welcher Stahlbrocken wieviel wiegt und entsprechend viel Energie schluckt. Auch von Interesse ist die….
… äußere Gestalt, also das, wohin die Wärme beim Schweißen wandert und flöten geht. Entscheidet unter anderem über den dabei entstehenden Schweißverzug.

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