WinkelschleiferSicherheit

Sicher trennen und schleifen

Blind in Flammen

Die Werkstatt in ein Flammenmeer verwandeln? Blutend und mit apper Hand durch die Halle taumeln? Für so eine Zombieapokalypse braucht es nur eins: den Winkelschleifer.

Die Schutzhaube

Bei Winkel-und Geradschleifer rotieren Schleifscheibe, Zopfbürste und HSS-Fräser mit 1.500 – 20.000 Touren und reißen nicht nur Rost von der Karosse, sondern auch Sehnen und Blutgefäße gleich bündelweise aus dem Handrücken.

Damit das beim Winkelschleifer nicht passiert, verfügen alle Geräte über eine Schutzhaube. Dieses simple Blechteil wird meist mit einer Klemmschelle am Kragen des Winkelgetriebes festgeschraubt. Es schützt damit nicht nur davor, in die Scheibe zu geraten, sondern auch vor tangential wegfliegenden Funken. Nicht zuletzt hält die Haube auch Brösel zerplatzter Trennscheiben auf, die ansonsten prasselnd in Werkbank, Arbeitsleuchte und Unterkiefer einschlagen.

Das Ding sollte also dran sein, selbst wenn ́s nervt oder mitunter verdreht werden muss, damit man anunzugänglichen Ecken trennen oder schleifen kann. Eine Ausnahme machen lediglich grimmige Alt-Malocher in Turnschuhen und Hawaii-Hemd: Diese munteren Gesellen haben die Notrufnummer der Unfallchirurgie auch unter Stress parat und können ihr Handy mit der Nase bedienen.

Schutzhaube am Winkelschleifer
Billig, einfach und sicher: Die Schutzhaube. Nur für die Arbeit mit dem Schleifteller demontieren.

Schutzbrille

Ohne Zweifel: Bereits wenige Milligramm Stahl haben das Zeug, den mürrischen Altgesellen in ein jammerndes Häufchen feuchter Waschlappen zu verwandeln – nämlich dann, wenn dieses Spänchen zu einer Zopfbürste gehörte und sich mit Hundert Meter pro Sekunde in die Iris des Mannes bohrte.

Wer das schon erlebt hat weiß, wie die Canossa-Fahrt zum Augenarzt aussieht und welch interessante Werkzeuge der Onkel Doktor benutzt, um Rostbrösel oder Draht-Fragmente ohne Betäubung aus dem Augapfel herauszupopeln. Es gibt mithin absolut gar keinen Grund, jemals ohne Schutzbrille zu schleifen.

Allerdings sollte die Schutzbrille größer als das randlose Oberstudienrats-Sehschlitz-Modell sein und die Augen idealerweise auch von der Seite schützen. Perfekt unser hier gezeigtes 80er-Jahre-Muster „Autoschrauber.de-Classic“: Es vereint Pariser Haute Couture mit der Widerstandskraft von sowjetischem Uranglas.

Da man die Brille oft stundenlang trägt, lohnen sich einige Euro extra für anständigen Schutz und Tragekomfort in jedem Fall – billige Modelle schützen nicht nur schlecht, sondern beschlagen selbst im Hochsommer und taugen nur für die Mülltonne (oder den mürrischen Altgesellen).

Schutzbrille - verschiedene Modelle
Pariser Haute Couture (vorn), Käpt´n Future (hinten). Der Mann von Welt wählt selbstverständlich das vordere Modell. Die moderne Brille ist jedoch ebenfalls nicht schlecht. Wichtig: Das Nasenfahrrad muss an den Seiten abschließen.

Auf die Ohren

Schwerhörige Großeltern sind was feines: Sie nehmen freiwillig die billigen Hotelzimmer nach vorneraus und zeigen sich völlig immun gegen das Dauergeplärre der Enkelkinder. In aller Regel hat Opa sich diese Immunität bei der Maloche im Stahlbau/der Tischlerei/unter Tage eingefangen. Und zwar, weil er (als er noch hörte) den Sprüchen seiner alten Kollegen Gehör schenkte: „Mickymäuse? Lass den Faxenkram!“ und „Nu stell ́ Dich ma nich so an, Jung! Is ja nur ne Minute!“ und so weiter. Mit konsequentem Verzicht auf Gehörschutz schnurrte die Hörbandbreite je nach Schallpegel binnen weniger Jahrzehnte auf die Qualität einer Feldtelefonverbindung Berlin-Stalingrad zusammen.

Und während große Unternehmen den Einsatz von Stöpseln und Mickymäusen meist konsequent durchsetzen, fristet der Gehörschutz in freien Schrauberhöhlen oft noch ein Nischendasein auf einem verstaubten Haken. Tatsache ist jedoch, dass sich a. Lärmquellen addieren, b. auch kurze Lärmdauer Schäden verursacht und c. der Effekt oft im Alter richtig reinhaut (s.o.). Zum Trennen und Schleifen gehören also nicht nur Uranglas-Bausteine im Gesicht, sondern auch ein anständiger Hörschutz.

Im einfachsten Fall besteht der aus zwei Schaumstoff-Stöpseln im Gehörgang; solche Billigheimer schlucken mindestens 20 dB, kosten je nach Bezugsquelle ein paar Pfennig und dämpfen auch Opas Schnarchen, wenn man mit den Seniors auf Mallorca Urlaub macht. Gute Lösung, wenn man nur hin und wieder flext.

Angenehmeres Handling und mehr Dämpfung bietet der Kapselgehörschutz, vulgo: Mickymaus. Diese Ohrenschützer stecken über beiden Lauschern und nehmen je nach Güte und Preis zwischen 30 und 35 dB weg. Das ist gewaltig und lässt sich in Kombination mit den Stöpseln sogar noch steigern. Ob man die Version mit Kopfbügel oder Nackenbügel wählt, ist letztlich schnuppe – gute Schützer tragen sich so komfortabel, dass man den ganzen Tag damit herumschleichen kann und sich erst gegen Feierabend fragt, was die Kollegen eigentlich so leise tuscheln.

Unverzichtbar bei der Werkstattarbeit: der Kapselgehörschutz
2 x Kapselgehörschutz. Beide gute Mittelklasse, auch angenehm zu tragen. Das hintere Modell schont die Frisur.
Viel besser als nichts: Ohrstöpsel und ein einfacher Kapselgehörschutz
Stöpsel: einfache Variante, wenn man nur mal eben die ICE-Trasse zwischen Hamburg und Hannover durchtrennen möchte. Dieser Kapselgehörschutz ist Baumarkt-Plunder, jedoch viel besser als nichts.

Blind in Flammen

Beim Schleifen oder Trennen ruppt man nicht nur Atome aus dem Kotflügel, sondern erzeugt gleichzeitig auch eine Menge Wärme. Die zeigt sich sowohl im Werkstück als auch in der lustig wippernden Funkengarbe.

Beides eignet sich prima, dem ekligen Vermieter der Schrauberhalle mal so richtig einzuheizen und den verhassten Gebäudekomplex in Schutt und Asche zu legen: Schön lange mit einer Fächerscheibe auf dem Schweller herumjodeln, bis die Hohlraumversiegelung der anderen Seite kocht, kokelt und anschließend Feuer fängt. Noch 5 Minuten warten, bis fetter Qualm aus allen Ritzen der Halle wabert und Flammen aus dem Dach schlagen. Mission accomplished!

Im Fall der Funkengarbe stehen sofortige und zeitverzögerte Wirkung zur Auswahl. Für die Sofortwirkung benötigt man lediglich eine Starterbatterie, idealerweise am Ladegerät. Kurz mit dem Goldregen über die Batterie wischen und sich anschließend das Zeitlupenvideo der Knallgasexlosion ansehen: Batterien zerreißt es vor Freude, wenn sie eine solch potente Zündquelle geboten kriegen. Der Schutzbrillen-Verzicht echter Genießer zahlt sich hier doppelt aus, weil sie nicht nur die Plastiksplitter abkriegen, sondern auch keinen Tropfen herumspritzender Schwefelsäure versäumen.

Ist keine Batterie zur Hand oder will das Ding nicht zünden, tun es alle leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffe ebenso: Diesel, Benzin, Nitroverdünner, Lacke und Bremsenreiniger. Je nach Stoff, Temperatur und Luftbewegung erzeugt bereits ein Fingerhut davon gerne ein paar Kubikmeter explosives Gemisch.

Um also das Hallendach auf dem Nachbargrundstück zu verteilen, kann bereits eine über die Mittagspause gut verdampfte Superbenzinlache unterm Wagen ausreichen: Luftzug vermeiden und dann die Funkengarbe in die Gemischwolke halten. Der Effekt ist beliebig skalierbar und funktioniert auch bei größeren Gebäuden.

Lenkt man die Schleif-Garbe in einen Haufen staubiger Pappkartons oder öliger Putzlappen, so erzeugt das ein prima Alibi. In den Putzlumpen schwelt und kokelt es unter Luftmangel nämlich oft stundenlang, so dass man genügend Zeit hat, sich vorm Fernseher mit Danziger Goldwasser ein bombensicheres Alibi anzusaufen, während die verhasste Werkstatt schlagzeilengerecht abfackelt.

Klugscheißer passen aus diesem Grund nicht nur auf, wo Wärme und Funken landen, sondern haben auch einen Eimer Wasser stehen oder einen Satz Trockenlöscher an der Wand hängen. Solche Löscher haben den Vorteil, dass ihr Pulverstrahl auch unter dem Auto lenkbar bleibt; mit dem Wasser geht das nur bedingt. Obendrein frieren die Geräte nicht ein und sind beinahe wartungsfrei.

Kabel ok?

Selbst das beste Gummi- oder Silikonkabel entblättert sich bis auf die Seele, wenn man es über eine frische, scharfe Kante zieht. Davon gibt‘s beim Trennen, Sägen und Schleifen dummerweise mehr als genug – so dass Netzkabel von Winkelschleifern ziemlich schnell ziemlich ramponiert aussehen.

Wer das nicht merkt, setzt mit einem achtlos drapierten Anschlusskabel auf blankem Blech leicht die ganze Rohkarosse / Werkbank / Richtplatte unter Spannung und elektrisiert den ansonsten schläfrig werkelnden Arbeitskollegen. Um das zu verhüten, lohnt sich der wirklich tägliche Blick auf das Netzkabel. Vor und nach der Arbeit. Und bei gezogenem Netzstecker.

Halt! Mich! Fest!

Ja, Schleifer muss man festhalten. Und zwar mit beiden Händen. Diese simple Wahrheit wird selbst von einigen Herstellern verneint, die ihre Winkelschleifer als „Einhandwinkelschleifer“ anbieten. Vermutlich, weil man sich damit eine Hand abflexen kann.

Meistens surrt eine 800 Watt-Flex mit neuer Schruppscheibe auch sauber ausbalanciert und lammfromm. Und meistens ist das Ding so friedlich, dass man damit einhändig-zart über Blech, Rohr oder Winkelprofil husten kann. Und meistens schießt das Adrenalin erst dann in die Halsschlagader, wenn sich die führerlose Maschine in Augenhöhe und gefühlter Zeitlupe durch die Luft bewegt. Die Schwungmasse ist nämlich enorm und setzt bei abruptem Stopp Kräfte frei, die kaum jemand einhändig aufhält.

Weil die gespeicherte Energie proportional zur Drehzahl steigt, stellen Geradschleifer mit ihren 20.000 Touren die Königsklasse des Armausrenkens dar. Zudem sind die Werkzeuge besonders klein und verhaken deshalb schneller.

Alles was dreht und surrt, verlangt also nach beiden Patschehänden. Klebt an der Flex kein zweiter Handgriff dran, hat den vermutlich irgendein Nobelpreisträger abgeschraubt und weggeworfen – so wie die Schutzhaube. Solche Geräte liegenlassen und nicht benutzen.

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